Papst spricht am kommenden Samstag im portugiesischen Marienwallfahrtsort zwei Seherkinder selig - Johannes Paul II. schreibt seine Rettung nach dem Attentat vom 13. Mai 1981 der Muttergottes von Fatima
Vatikanstadt-Lissabon, 9.5.00 (KAP) Papst Johannes Paul II. besucht am kommenden Freitag und Samstag den portugiesischen Marienwallfahrtsort Fatima. Im Mittelpunkt der Visite steht die Seligsprechung der beiden Hirtenkinder Jacinta (1910-20) und Francisco (1908-19). Ihnen war am 13. Mai 1917 und noch weitere zwei Mal die Muttergottes erschienen. Nach dem Zeugnis der Seherkinder vertraute sie ihnen mehrere Botschaften an.
Seine 92. Auslandsreise führt den Papst bereits zum dritten Mal nach Fatima (erste Pilgerfahten in den Marienort hatte er 1982 und 1991 durchgeführt). Johannes Paul II. wurde am 13. Mai 1981 bei dem Attentat auf dem Petersplatz schwer verletzt. Er selbst hat seine damalige Rettung mehrfach der Fürbitte der Muttergottes von Fatima zugeschrieben. Seinen Dank für die Rettung brachte er bei seinen beiden bisherigen Besuchen - jeweils am 13. Mai, dem Tag der Muttergottes von Fatima - zum Ausdruck. Auch für diesmal wird erwartet, dass Johannes Paul II. - wenige Tage vor seinem 80. Geburtstag am 18. Mai - die Ereignisse von damals ansprechen wird.
Der Papst hatte Ende November des vergangenen Jahres gegenüber den portugiesischen Bischöfen angekündigt, dass er die Hirtenkinder von Fatima im Heiligen Jahr 2000 selig sprechen werde. Zuvor hatte die vatikanische Seligsprechungskongregation den beiden früh verstorbenen Seherkindern Francisco und Jacinta trotz ihres jugendlichen Alters den heroischen Tugendgrad zuerkannt und bestätigt, dass auf ihre Anrufung hin eine wissenschaftlich nicht erklärbare Krankenheilung erfolgt sei. Die einzige heute noch Lebende von den drei Seherkindern, Lucia dos Santos (92), ist Klausurschwester in einem portugiesischen Kloster.
Joao Marto, Bruder der Seherkinder von Fatima, starb am 28. April dieses Jahres im Alter von 93 Jahren. Joao selbst hatte die Marienerscheinungen seiner Geschwister nicht miterlebt, dennoch galt er als ein wichtiger Zeitzeuge der Ereignisse von Fatima.
Bei seiner bevorstehenden Reise wird Johannes Paul II. am Nachmittag des 12. Mai (Freitag) von Rom nach Lissabon fliegen und nach einer Begrüßungszeremonie und einer privaten Begegnung mit Staatspräsident Jorge Sampaio nach Fatima weiterreisen. Unmittelbar nach seiner Ankunft wird er in der Erscheinungskapelle den Rosenkranz beten. Die Seligsprechungsmesse findet am Samstagvormittag vor der Basilika unter freiem Himmel statt. Am Nachmittag will Johannes Paul II. über die portugiesische Hauptstadt nach Rom zurückkehren.
Franziskanerpater Benno Mikocki, der Leiter des Wiener Rosenkranz-Sühnekreuzzuges, der mit dem portugiesischen Marienort besonders verbunden ist, wird mit einer kleinen Gruppe zum Papstbesuch nach Fatima reisen.
Spekulationen um Drittes Geheimnis
Für Spekulationen sorgt seit Jahrzehnten das sogenannte Dritte Geheimnis von Fatima. Bei den Erscheinungen von 1917 soll die Muttergottes den Hirtenkindern drei Prophezeiungen gemacht haben. Das erste der "Geheimnisse" betraf den frühen Tod der beiden Seherkinder Jacinta und Francisco. Im zweiten "Geheimnis" hatte die Muttergottes die Weihe Russlands verlangt und im Zusammenhang damit - kurze Zeit nach der Februar-Revolution und wenige Monate vor der bolschewistischen Oktober-Revolution - die "Bekehrung Russlands" und weltweiten Frieden verheißen.
Das dritte "Geheimnis" wurde nie veröffentlicht, sondern von der Seherin Lucia in einem Brief Pius XII. übermittelt. Sein Nachfolger Johannes XXIII. ließ den Brief zwar öffnen, entschied aber, den Inhalt nicht publik zu machen. Paul VI. und Johannes Paul II. schlossen sich dieser Entscheidung an. Es wurde immer wieder vermutet, dass die Botschaft apokolyptische Naturkatastrophen prophezeit. Kurienkardinal Joseph Ratzinger wies diese Spekulationen zurück. Nach Ansicht des Neffen der Seherin Lucia, des portugiesische Salesianerpaters Jose dos Santos Valinho, soll die Muttergottes gesagt haben, dass die Glaubenslehre in Portugal immer erhalten bleiben werde. Die folgenden Sätze sprächen möglicherweise von einer Glaubenskrise oder von bevorstehenden Spaltungen in der Kirche.
Entgegen diesen Spekulationen um "Sensationsbotschaften" wird von kirchlicher Seite immer wieder betont, die Botschaft von Fatima sei einfach: der Aufruf zu Umkehr, zu Gebet und Buße. Die offizielle Erlaubnis zur Verehrung "Unserer Lieben Frau von Fatima" besteht kirchlicherseits seit 1930.
Das Seligsprechungsverfahren für Jacinta und Francisco wurde auf Diözesanebene 1952 eröffnet; 1988 wurden die Dokumente der vatikanischen Heiligsprechungs-Kongregation übergeben. Im Juni 1999 anerkannte der Vatikan ein für die Seligsprechung notwendiges Wunder: die unerklärliche Heilung der Portugiesin Maria Emilia Santos im Jahre 1997 von einer 22-jährigen Querschnittslähmung.
Wie der Vatikan mehrfach betonte, haben bei dem Seligsprechungsverfahren die Marienerscheinungen selbst keine ausschlaggebende Rolle gespielt. Vielmehr habe die Kirche das mustergültige Verhalten der Kinder beurteilt. So hielt sich etwa der elfjährige Francisco trotz Todesdrohungen an das ihm von der Madonna auferlegte Schweigegebot über den Inhalt der Offenbarungen. Jacinta und Francisco Marto werden, abgesehen von einigen Märtyrern, zu den jüngsten Seligen der Kirchengeschichte zählen.
Kinder als christliches Vorbild
Die portugiesischen Bischöfe haben in einer Botschaft zur Seligsprechung von Francisco und Jacinta Marto hervorgehoben, dass es sich um Kinder handle. Dieses Faktum unterstreiche die Tradition der kirchlichen Lehre, wonach auch ein Kind die christlichen Tugenden in vorbildlicher und heroischer Weise leben könne. Ein Kind könne damit Vorbild für alle Mitglieder der Kirche sein, so die Bischöf.e
Die Kirche benötige die Fürbitte der Heiligen, erinnern die Bischöfe. Sie benötige - wie auch der Papst mehrmals betont habe - besonders die Fürbitte der Kinder, und Francisco und Jacinta Marto seien auch in dieser Weise eine große Hoffnung der Weltkirche und der Kirche Portugals, heißt es in der Botschaft.
Kathpress