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Publisert 22. juni 2000 | Oppdatert 22. juni 2000

«Desavouierung» der Erklärungen, die das Zweite Vatikanische Konzil und Papst Johannes Paul II. zu den Menschenrechten, zur Ökumene und zum Verhältnis von Kirche und Juden gegeben haben, befürchtet

Innsbruck, 20.6.00 (KAP) Gegen die bevorstehende Seligsprechung von Papst Pius IX. (1846-1878) hat sich die «Arbeitsgemeinschaft katholischer Kirchenhistoriker im deutschen Sprachraum» bei ihrer Vollversammlung in Innsbruck ausgesprochen. In der Erklärung zu der einstimmig erfolgten Ablehnung berufen sich die Wissenschaftler auf «historische Gründe».

Neben «erheblichen menschlichen Schwächen», die dem geforderten Tugendgrad eines Seligen widersprechen, beriefen sich die Historiker besonders auf seine «prinzipielle Ablehnung von Menschenrechten wie Gewissens-, Religions- und Pressefreiheit» im «Syllabus errorum» (1864). Außerdem sei Papst Pius IX. Vertreter einer traditionellen antijüdischen Haltung gewesen. Seine «übersteigerte Vorstellung vom Papstamt» habe in der Äußerung «Die Tradition bin ich» gegipfelt. «Damit steht er im Widerspruch zum Zweiten Vaticanum sowie zu Lehre und Praxis Johannes Pauls II.», so die Historiker. Sie befürchten auch, dass durch die Seligsprechung Pius' IX. innerkirchliche und ökumenische Spaltungen vertieft statt ausgeglichen würden.

Niemand zweifle an der persönlichen Frömmigkeit und Lauterkeit Pius' IX., und auch seine von den Zeitgenossen gerühmte persönliche Liebenswürdigkeit stehe außer Zweifel, wird in der Erklärung eingeräumt. Es seien auch nicht in erster Linie seine emotionalen Ausbrüche und Entgleisungen, die eine Seligsprechung unvertretbar machten. Vielmehr sei - insbesondere nach der Revolution von 1848/49 und dem Scheitern des «liberalen Experiments» im Kirchenstaat - «sein völliger Verzicht auf nüchterne Zeitanalyse und geduldige Differenzierung» ausschlaggebend.

Wörtlich wird von den Historikern dazu angemerkt: «In einer oft groben Schwarz-weiß-Malerei sah Pius IX. überall nur Gott oder den Teufel, Christus oder Belial am Werke. Man kann dies nicht mit der Verteidigungssituation der Kirche entschuldigen, denn es gab damals eine Reihe von Bischöfen und Kardinälen, die einen weiteren Blick hatten. Jedenfalls offenbart das Verhalten des Papstes einen Mangel an der Tugend der Klugheit, der für das Papstamt so gravierend ist, dass er einer Seligsprechung im Wege steht und ein Zerrbild von Heiligkeit fördert, das menschlich unglaubwürdig ist.»

Eine Seligsprechung des Papstes des Ersten Vaticanums wäre «eine Desavouierung all der Erklärungen und Bekenntnisse», die das Zweite Vatikanische Konzil und Papst Johannes Paul II. zu den Menschenrechten, zur Ökumene und zum Verhältnis von Kirche und Juden gegeben hätten, wird gewarnt. Die «Schutzbehauptung», Pius IX. habe im «Syllabus» (1864) lediglich einen kirchenfeindlichen Liberalismus bekämpft, treffe die historische Realität nicht.

Wenn mit der gleichzeitigen Seligsprechung der beiden Konzilspäpste Pius IX. und Johannes XXIII. ein Bekenntnis zur Zusammengehörigkeit des Ersten und des Zweiten Vaticanums abgelegt werden solle, wäre dies überdies zutiefst anti-ökumenisch, betonen die Historiker. «Zweifellos» werde die Seligsprechung Pius' IX. in der Ostkirche und selbst bei den Unierten als anti-ökumenisches Zeichen wirken. Da sie weiter das Erste Vaticanum auf die Person Pius' IX. fixiere, werde sie gerade nicht die Autorität des Konzils festigen, sondern sie noch weiter schwächen. Bei den getrennten Christen werde sie eine unvoreingenommene Auseinandersetzung mit den Papstdogmen des ErstenVaticanums erschweren. Die Gegner des Zweiten Vaticanums, «die sich dann mit gewissem Recht als legitime Erben Pius' IX. ansehen können», würden hingegen «zusätzlich ermutigt». «Statt Ausgleich und Integration zu erreichen, wird so die Spaltung innerkirchlich wie ökumenisch verfestigt», heißt es abschließend.

Kathpress

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