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Publisert 31. juli 2000 | Oppdatert 31. juli 2000

Deutscher Jesuit warnt vor "Spaltung und Polarisierung"

Frankfurt-Rom, 31.7.00 (KAP) Die Auseinandersetzung um die am 3. September bevorstehende Seligsprechung von Papst Pius IX. (er regierte von 1846 bis 1878) geht weiter; gemeinsam mit Pius IX. wird auch Papst Johannes XXIII. (1958-1963) selig gesprochen. Durch die gemeinsame Seligsprechung der Päpste des Ersten und des Zweiten Vatikanischen Konzils entstünden weder Integration noch Versöhnung, sondern eine weitere Spaltung und Polarisierung innerhalb der Kirche, erklärte der deutsche Kirchenhistoriker und Jesuit P. Klaus Schatz in einem Interview mit der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA. Zudem sei die Seligsprechung eines Papstes, der die berechtigten theologischen Bedenken gegen das Unfehlbarkeitsdogma ignoriert habe, ein falsches Signal für die Ökumene.

Schatz verwies auch auf "erhebliche menschliche und spirituelle Mängel" Pius IX., die ihm eine differenzierte Sicht der Zeitströmungen unmöglich gemacht hätten. Durch seine Seligsprechung bekäme das Bekenntnis der heutigen Kirche zu Religionsfreiheit und Menschenrechten einen dunklen Schatten, meinte der Kirchenhistoriker. Zudem sei zu befürchten, dass dadurch traditionalistische Kirchenkreise zu weiteren Forderungen ermuntert würden.

Längstes Pontifikat der Kirchengeschichte

Pius IX. war der bisher am längsten regierende Papst der Kirchengeschichte. Von 1846 bis zu seinem Tod 1878 war er 32 Jahre lang Oberhaupt der katholischen Kirche. In seine Amtszeit fällt die Dogmatisierung der päpstlichen Unfehlbarkeit in Fragen der Glaubens- und Sittenlehre auf dem Ersten Vatikanischen Konzil 1870. Im Jahr 1854 erhob er die schon in der frühen Kirche vertretene theologische Ansicht, dass Maria von der Erbsünde ausgenommen war, zum Dogma. 1864 verurteilte er im "Syllabus errorum", einem Katalog von 80 Sätzen, zahlreiche damals als modern geltende Denkströmungen als "Irrtümer", unter anderem auch den Nationalismus und die allgemeine Wehrpflicht.

Prozess mit Hindernissen

Die Seligsprechung von Pius IX. war ein Prozess mit Hindernissen. Wiederholt wurde das 1907 eröffnete Verfahren unterbrochen. In Frage stand nicht die persönliche Heiligmäßigkeit des 1792 in Senigallia geborenen Giovanni Maria Mastai Ferretti. Vielmehr ging es um die Opportunität, ob die Seligsprechung zweckmäßig sei und verstanden würde. Nun hat Papst Johannes Paul II. - das Verfahren war bereits 1986 weitgehend abgeschlossen, lag dann aber auf Eis - grünes Licht gegeben.

Man dürfe Pius IX., wie jede Gestalt der Vergangenheit, nicht nach den Kriterien der heutigen Zeit beurteilen, mahnen Historiker und Vatikanisten. Der Papst habe sich als Mann seiner Zeit in seinem Umfeld nach den Regeln seiner Zeit verhalten. Er war Souverän des Kirchenstaates, der damals noch von Rom bis Ferrara reichte; in diesem Zusammenhang lastet der dunkelste Schatten auf ihm, weil er die Verantwortung für mehrere Todesurteile in den "Stati della Chiesa" zu tragen hatte. In seine Amtszeit fiel die erbitterte Auseinandersetzung zwischen der katholischen Kirche und der fortschrittstrunkenen liberal-nationalen Bourgeoisie, die im Lauf des 19. Jahrhunderts überall die Macht ergriff.

In den Polemiken um die Seligsprechung spielt jetzt wieder der "Fall Mortara" eine zentrale Rolle, der bereits in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts zu massiven internationalen Medien-Auseinandersetzungen geführt hatte. Dabei ging es um Edgardo Mortara, das Kind einer jüdischen Familie in Bologna, das während einer schweren Krankheit von einer katholischen Hausangestellten heimlich notgetauft worden war. Die päpstlichen Behörden nahmen daraufhin der Familie das Kind weg und ließen es katholisch erziehen. Mortara konnte später zu seiner Familie zurückkehren, er wollte aber katholisch bleiben, wurde Priester und ein berühmter Prediger und zählte zu den großen Befürwortern der Seligsprechung "seines" Papstes.

Der in Rom lebende Kirchenhistoriker und Jesuit P. Peter Gumpel hält den im Zusammenhang mit dem "Fall Mortara" erhobenen Vorwurf einer antisemitischen Einstellung des Mastai-Ferretti-Papstes nicht für gerechtfertigt. Immerhin habe Pius IX., der als "Reformer" antrat, die Tore des jüdischen Ghettos geöffnet und zahlreiche Diskriminierungen für Juden abgebaut. Auch wenn ein Seliger eine Vorbild-Funktion habe, bedeute das nicht, dass sein gesamtes Verhalten, das zu seiner Zeit richtig war, für spätere Zeiten normativ sei, betont Gumpel. Zu Nottaufe und Todesstrafe sei die Kirche heute anderer Ansicht. Ebenso zu Menschenrechten, zu Religions- und Pressefreiheit, die im "Syllabus" von 1864 auch verworfen worden waren.

Nicht ganz so leicht einzuordnen, wenn auch psychologisch verständlich, ist der schroffe Umschwung Pius IX. vom Reformpapst, der von Liberalen und Revolutionären gefeiert wurde, zum strengen, konservativen Kirchenführer. Zwischen diesen beiden Extremen stand die römische Revolution von 1848 mit der Flucht des Papstes nach Gaeta. Zwei Jahre später konnte er im Schutz französischer Truppen nach Rom zurückkehren. Der Papst setzte nun auf den Brückenschlag zum "katholischen Volk", das durch den Sieg des kapitalistischen Bürgertums wirtschaftlich und politisch in Bedrängnis geraten war. Pius IX. prägte ein neues Papstbild, er suchte die Begegnung mit den Menschen, führte die wöchentlichen Massenaudienzen ein. Der Papst förderte das Missionswesen, das in seinem Pontifikat einen großen Aufschwung nahm. Pius IX. wurde von den Gläubigen geliebt. Und nach dem Verlust des Kirchenstaats 1870 galt der "Gefangene im Vatikan" vielen als Märtyrer.

Höhepunkt seines Pontifikats war das Erste Vatikanische Konzil (1869/70), das den Primat des Papstes über die Universalkirche sowie die Lehre von der päpstlichen Unfehlbarkeit definierte. Das Konzil konnte freilich nicht zu Ende geführt werden: Wegen des preußisch-französischen Krieges mussten die französischen Truppen aus Rom abgezogen werden; am 20. September 1870 marschierten die italienischen Truppen in der Ewigen Stadt ein. Das Konzil war zu Ende.

Kathpress

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