Mit Athen und Damaskus fügt Johannes Paul II. bei seiner Pilgerreise auf den Spuren des Heiligen Paulus der Liste seiner Reiseziele zwei bisher für "unmöglich" gehaltene Destinationen hinzu
"Kathpress"-Korrespondentenbericht aus Rom von Ludwig Ring-Eifel
Vatikanstadt, 27.3.01 (KAP) Nach einer Pause von fast einem Jahr zieht es Johannes Paul II. wieder in die Ferne. Zwei Wochen vor seinem 81. Geburtstag will der Papst abermals aufbrechen, diesmal auf den Spuren des Völkerapostels Paulus. Den vorläufigen Terminplan - die Reise dauert vom 4. bis 9. Mai - gab der vatikanische Pressesaal am Montag bekannt. Johannes Paul II. zieht es dorthin, wo der Apostel Paulus vor 1.950 Jahren das Evangelium verkündete: Nach Athen, wo er den Griechen die Botschaft von Jesus Christus näher bringen wollte (und die Skeptiker von damals meinten: "Davon wollen wir dich ein andermal hören"), nach Damaskus, wo er Jahre zuvor sein Bekehrungserlebnis hatte, und nach Malta, wo der unermüdliche Missionar auf seiner letzten Reise auf dem Weg nach Rom als Gefangener strandete.
Bis auf den Abschluss in Malta sind die Etappen der 93. Papstreise aus konfessionellen und politischen Gründen spektakuläre Neuigkeiten. Den Auftakt in Athen, wo der Papst den Ort der Pauluspredigt auf dem Areopag sehen will, hatten selbst Optimisten noch vor wenigen Wochen für "ausgeschlossen" gehalten. Zu tief sitze das orthodoxe Ressentiment gegen den römischen Papst, unkten vatikanische Ökumene-Experten. Doch dann beschloss der Heilige Synod der orthodoxen Kirche von Griechenland, er werde der vom griechischen Staatspräsidenten Konstantinos Stephanopoulos ausgesprochenen Einladung an den Papst nicht widersprechen.
Die sensationelle Entscheidung war ein kirchenpolitisch-diplomatischer Drahtseilakt von Erzbischof Christodoulos von Athen. Er wollte auf der einen Seite die Vorbehalte im eigenen Klerus gegen die "lateinischen Irrtümer" nicht überstrapazieren, auf der anderen Seite wollte er ebenso wenig wie die griechische Staatsführung den Eindruck erwecken, das EU-Mitglied Griechenland sei nicht zum Dialog mit dem Westen in der Lage. Dem Papst jedenfalls reichte das "Nihil obstat" des Athener Synods. Anders als sonst bei Reisen in orthodox geprägte Länder machte er eine vollwertige, positive Einladung aus der Schwesterkirche nicht zur Vorbedingung für die Reise. Mit Spannung wird nun erwartet, wie der Empfang der Orthodoxen für den Papst ausfällt.
Nach 24 Stunden in Athen setzt der Papst seine Pilgerfahrt in Richtung Damaskus fort. Dort, vor den Mauern der heutigen syrischen Hauptstadt, hatte der Apostel Paulus sein Bekehrungserlebnis, hier wurde er getauft. Noch heute erinnern in der Altstadt von Damaskus Heilige Stätten und Kapellen an die Geschichte des Paulus. In Damaskus wird der Papst mit den Katholiken des Landes und mit ihren Bischöfen zusammentreffen, darüber hinaus sind ökumenische Begegnungen vorgesehen. In Damaskus residieren drei Patriarchen von Antiochien, ein katholischer (der melkitische) und zwei nichtkatholische (der griechisch-orthodoxe und der syrisch-katholische). Die knapp zehn Prozent Christen genießen in Syrien mehr Freiheiten als in den meisten anderen arabischen Staaten. Auch wenn die Christen heute nur mehr ein Zehntel der Bevölkerung ausmachen - in Syrien verkündet jeder Stein die Botschaft des Evangeliums; fast alles, was die christliche Tradition ausmacht - Liturgie, Theologie, Wissenschaft, Kunst, Frömmigkeitsformen usw. - stammt aus diesem Mittelmeerland.
Der Papst will in Damaskus auch mit Muslimen zusammentreffen. So wird er die weltberühmte Omayyaden-Moschee besuchen, in der eine Schädelreliquie des Heiligen Johannes des Täufers aufbewahrt wird, war doch die Moschee ursprünglich die Johannes-Kathedrale. Auch dies könnte eine kleine Sensation werden - als Geste des Dialogs mit dem Islam. Bei den politischen Begegnungen mit Syriens jungem Präsidenten Baschar Assad dürfte der Nahost-Konflikt einschließlich der Jerusalem-Frage im Vordergrund stehen. Dafür spricht auch die Tatsache, dass der Papst von Damaskus aus einen Ausflug nach Quneitra auf den Golanhöhen plant, wo die Menschen bis heute die Folgen von Krieg, Besetzung und Vertreibung spüren.
Anders als Athen und Damaskus ist Malta, die letzte Station auf dieser biblisch inspirierten Pilgerreise, für den Papst kein unbekanntes Territorium. Johannes Paul II. hatte dem zwischen Sizilien und Libyen gelegenen Inselstaat, dessen 350.000 Einwohnern zu 98 Prozent katholisch sind, bereits 1990 einen drei Tage dauernden Besuch gewidmet.
Kathpress
27. mars 2001