Zum ersten Mal betrat ein Papst die Gebetshalle einer Moschee - Neuer Anstoß für den Dialog zwischen katholischer Kirche und Islam
"Kathpress"-Korrespondentenbericht von Johannes Schidelko
Damaskus, 7.5.01 (KAP) Mit dem ersten Besuch eines Papstes in einer Moschee hat Johannes Paul II. seinen vielen historischen Initiativen eine neue hinzugefügt. Als erstes katholisches Kirchenoberhaupt betrat er am Sonntag den Gebetsraum der Omayyaden-Moschee in Damaskus. In einem eindringlichen Appell rief er Christen und Muslime zu gegenseitigem Respekt und Toleranz auf, aber auch zur gegenseitigen Vergebung einander zugefügter Leiden. Wo und wann immer Muslime und Christen einander verletzt hätten, gelte es Vergebung bei Gott zu erflehen und einander zu verzeihen. Dialog und nicht Konflikt müsste das Verhältnis zwischen den beiden großen Religionen bestimmen, Kooperation und nicht Opposition, fügte der Papst hinzu. Niemals dürfe Religion Hass und Gewalt fördern oder rechtfertigen.
Der 86-jährige Großmufti Scheich Ahmad Kaftaro, der als tolerant und dialogoffen gilt, begrüßte den 80-jährigen Papst am Eingang des Gotteshauses. Bei einem kurzen Gespräch im Waqf-Gebäude (Verwaltung der muslimischen geistlichen Stiftungen) wurde Kaffee gereicht. Zum Besuch der Gebetshalle musste dann auch der Papst die Schuhe ausziehen. In Pantoffeln betrat er, begleitet vom Großmufti und mit einem großen Gefolge aus islamischen und christlichen Würdenträger die prächtige Gebetshalle. Ziel war das Monument für Johannes den Täufer. Hier werden unter einem kleinen Kuppelgrab die Reliquien jenes Heiligen verehrt, der für die Christen als "Vorläufer" Jesu gilt, und den die Muslime als Propheten "Yahya, den Sohn des Zacharias" anrufen.
Der Papst trat ganz nahe an den Grabbau heran, in dessen Mitte, nur durch Gitter zu sehen, ein großer Steinsarkophag steht, der nach islamischer Grab-Tradition mit Tüchern und Teppichen bedeckt ist. Johannes Paul II. verweilte mehrere Minuten tiefgebeugt im stillen Gebet, die Hand auf eine Marmorsäule gestützt. Anschließend verließ er, sichtlich bewegt, den Innenraum der Moschee. Im prächtigen Vorhof vor der herrlichen Fassade mit den grün-goldenen Paradiesdarstellungen fand dann die Begegnung des Papstes mit den islamischen Führern statt.
Mit dem spektakulären Moscheebesuch - er wird von Beobachtern bereits mit seinem ersten Synagogenbesuch verglichen - will Johannes Paul II. nach eigenem Bekunden dem Dialog zwischen Islam und katholischer Kirche einen neuen Anstoß geben. In seiner Ansprache verwies er auf manche Erfolge der letzten Jahrzehnte, erwähnte die Arbeit des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog und erinnerte an den wissenschaftlichen Austausch, etwa mit der führenden Al Azhar-Universität in Kairo. Allerdings galt das christlich-islamische Gespräch bislang eher als Angelegenheit von wenigen Akademikern und Intellektuellen. Zu den Expertenzirkeln müsse der "Dialog des Lebens" hinzukommen, forderte der Papst, nämlich das friedliche und freundschaftliche Zusammenleben der Angehörigen beider Religionen.
Wegen seiner Gebehinderung musste der Papst von der Moschee aus in sein Gästehaus zurückkehren. In früheren Jahren wäre er von der Moschee aus, die an der Stelle der alten Johannes-Basilika steht, vielleicht noch die knapp 100 Meter zum Saladin-Mausoleum gegangen. Denn der dort beigesetzte Ayyubiden-Sultan (1137-1993) hatte den Kreuzfahrern zwar eine entscheidende Niederlage beigefügt, dann aber mit ihnen Frieden geschlossen. Und spätestens seit der idealisierten Darstellung bei Lessing gilt er vor allem in der mitteleuropäischen Literatur als Vorbild der Toleranz.
Kathpress
7. mai 2001