Johannes Paul II. versuchte im Nahen Osten neue Anläufe mit schwierigen Partnern
«Kathpress»-Korrespondentenbericht von Johannes Schidelko
Damaskus, 8.5.01 (KAP) Seine Schritte werden langsamer, aber wenn es um seine Mission geht, forciert Johannes Paul II. das Tempo. Mit der dreitägigen Reise nach Syrien, die eigentlich eine Pilgerfahrt auf den Spuren des Apostel Paulus sein sollte, hat er wieder kirchliches Neuland betreten und alte Herausforderungen neu aufgegriffen.
Als erster Papst ging Johannes Paul II. in Damaskus in das Innere einer Moschee und versuchte einen neuen Anlauf im Dialog mit dem Islam; mit seinem Kurzbesuch an der Front des Golan wollte er dem daniederliegenden Friedensprozess im Nahen Osten neue Anstöße geben; und für die Ökumene verlangte er von den Christen mehr Phantasie.
Ein Moschee-Besuch des Papstes hatte für die vatikanischen Reiseplaner bisher noch nicht zur Debatte gestanden. Das Ziel Damaskus, wo die Omayyaden-Moschee zu den bedeutendsten Baudenkmälern gehört und wo der dialogoffene syrische Großmufti Ahmad Kaftaro die Linie bestimmt, ließen den Plan reifen. Johannes Paul II. wurde von den Muslimen nicht nur höflich empfangen. Er konnte zum Grabmal des Heiligen Johannes des Täufers im Zentrum der Moschee gehen und sogar für einige Minuten still und allein beten.
Der Papst nutzte die Begegnung für einen eindringlichen Appell an Christen und Muslime zu gegenseitigem Respekt und Toleranz, zu Dialog und Kooperation. Möglicherweise wird der sensationelle Besuch, der bereits mit dem ersten Synagogenbesuch des Papstes 1986 verglichen wird, den schwierigen christlich-islamischen Kontakt entkrampfen und ihm neuen Schwung geben.
Die Paulus-Reise führte den Papst im Abstand von einem Jahr wieder in den Nahen Osten. Nach den Visiten des Vorjahres in Ägypten, Jordanien, Israel und den Palästinenser-Gebieten betrat Johannes Paul II. jetzt einen Schlüsselstaat im Nahostkonflikt. Bei dem Besuch in Kuneitra auf den Golan-Höhen näherte er sich einer der umstrittensten Grenzen der Welt auf wenige hundert Meter.
Johannes Paul II. hatte Mühe, sich der politischen Vereinnahmung zu entziehen. Für die Syrer ist das 1967 im Sechstagekrieg besetzte, im Yom-Kippur-Krieg zeitweise zurückeroberte und 1974 von den Israelis zerstört zurückerstattete Kuneitra ein emotionsbeladenes Symbol für Sieg und Niederlage, für Zerstörung und Feindschaft. Schon bei der Begrüßung hatte Staatschef Baschar Al-Assad den Papst mit scharfen Anschuldigungen gegen Israel konfrontiert. In Kuneitra tat Johannes Paul II. daraufhin das, was man hier von einem Religionsführer erwarten konnte: Er betete für den Frieden.
Dieses Friedensgebet, das der 80-jährige Pontifex mit zitternder Stimme vortrug, war wirkungsvoller als dramatische Appelle oder ausgefeilte Denkschriften. Und unmissverständlich bezog der Papst alle Konfliktseiten in gleicher Weise ein. Ob die bewegende Geste Wirkung hat, bleibt abzuwarten. Es mag ein glücklicher Zufall sein, dass der Besuch in einen Moment fällt, wo Israelis und Palästinenser - mit amerikanischer Vermittlung - möglicherweise wieder miteinander reden wollen.
Ökumenisch war der Besuch in Syrien nach der schwierigen Etappe zuvor in Griechenland bedeutend leichter. Ohnehin war der Kontakt zwischen den Kirchen im Bereich des alten Patriarchats von Antiochien stets problemloser als bei den Griechen. Und die Tatsache, dass die Christen zusammen mit 10-15 Prozent eine zwar relativ kräftige, aber eben doch eine Minderheit stellen, führt zu weiterer Gemeinsamkeit unter den christlichen Kirchen. So verliefen die ökumenischen Begegnungen mit allen drei in Damaskus ansässigen Patriarchen von Antiochien in freundlicher und sogar herzlicher Atmosphäre.
In einem eindringlichen Appell forderte der griechisch-katholische («unierte») Patriarch Gregorios III. seine nicht-katholischen Amtsbrüder zur Einheit auf. Noch diese Generation - und nicht erst die Enkelkinder - solle die Einheit der Christen erleben, rief er unter langem Applaus beim Jugendtreffen mit dem Papst.
Nach der Erinnerung an das Damaskus-Erlebnis des Paulus, an seine Bekehrung und Taufe, auf die in der syrischen Hauptstadt zahlreiche Stätten verweisen, reiste der Papst weiter nach Malta, wo Paulus vor seiner Ankunft in Rom strandete. Malta ist zu 95 Prozent katholisch und bildet seit jeher eine Brücke zwischen der europäischen und der arabisch-afrikanischen Welt.
Kathpress
8. mai 2001