Bischofssynode im Vatikan: Forderungen nach mehr Mitspracherechten für einzelne Bischöfe und für nationale Bischofskonferenzen halten an
Vatikan, 10.10.01 (KAP) Bei der Welt-Bischofssynode in Rom halten die Forderungen nach mehr Mitspracherechten für die einzelnen Bischöfe und für die nationalen Bischofskonferenzen in gesamtkirchlichen Fragen an. In den am Mittwoch im Vatikan veröffentlichten Redebeiträgen forderten Bischöfe aus Kanada, Argentinien und Papua-Neuguinea eine Stärkung der bischöflichen Kollegialität gegenüber dem Primat des Papstes.
Der Erzbischof von Winnipeg, Vernon Weisgerber, sagte, die Kirche müsse sicherstellen, dass Primat und Kollegialität gleichgewichtig seien. Aufgrund geschichtlicher Vorgaben gebe es eine Schieflage, die korrigiert werden müsse. Ebenso wie die Globalisierung im zivilen Leben dazu führen könne, dass alles auf einen Nenner reduziert werde, bestehe in der Kirche dieselbe Gefahr durch eine "übertriebene Zentralisierung".
Weisgerber schlug vor, die Rolle der Bischofskonferenzen in der Kirche zu stärken. Sie seien kein Hindernis zwischen Primat und Kollegialität, sondern ein zeitgemäßes Mittel, um die Einbindung der Kirche in die örtliche Kultur zu gewährleisten. Auch müsse die Rolle des einzelnen Bischofs als Verkünder der Lehre gestärkt werden. Wenn er im Volk als bloßer Überbringer einer von zentraler Stelle kommenden Lehre gesehen werde, verzerre dies seine Rolle.
Mehr Rechte für die Synode
Ähnlich äußerte sich der Bischof von Bereina in Papua-Neuguinea, Gerard-Joseph Deschamps. Er forderte, dass die Bischofssynode künftig in veränderter Form beraten und über konkrete Fragen entscheiden solle, wobei der Papst diese Entscheidungen noch zu ratifizieren hätte.
Der argentinische Erzbischof Eduardo Miras von Rosario sprach sich ebenfalls für eine Stärkung der Bischofskonferenzen und der kollegialen Mitsprache aus. Er betonte, das Bischofskollegium sei gemeinsam mit dem Papst für die Evangelisierung der Welt verantwortlich. Miras schloss sich ferner der Forderung nach einer Abschaffung von kirchlichen Ehrentiteln und Machtinsignien an. Das bei vielen Menschen vorherrschende Bild vom Bischof als einem Inhaber auch weltlicher Macht verfälsche dessen wahre Aufgabe.
Kardinal Rouco: Glaubenskrise Europas
Anderer Meinung zeigte sich der Erzbischof von Madrid, Kardinal Antonio Maria Rouco Varela. Während seiner Meinung nach die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Kollegialität der Bischöfe in den letzten 36 Jahren bereits reiche Frucht getragen habe, sei fraglich, ob dasselbe auch für die vom Konzil gewünschte Heiligung aller Kirchenmitglieder und für deren Auftrag in der Welt gelte. Aus der Glaubenskrise in Europa müssten Konsequenzen gezogen werden, forderte der Kardinal.
Die Bischöfe sollten in dieser Situation das Evangelium nicht nur verkünden, sondern es auch als glaubhafte Zeugen vorleben. Dabei sollten sie sich an den Meistern der christlichen Mystik und Kontemplation orientieren. Schon Karl Rahner habe zu Recht gesagt, der Christ der Zukunft werde entweder Mystiker sein oder er werde nicht Christ sein.
Kasper kritisiert Arbeitspapier
Der Präsident des Päpstlichen Einheitsrates, Kardinal Walter Kasper, verteidigte den ökumenischen Einsatz um die Einheit der Kirchen und warnte, nur die negativen Seiten und Gefahren der Einheitsbemühungen zu sehen. In dieser Hinsicht sei das Arbeitspapier der Synode unzureichend. Die zentrale Bedeutung der Ökumene für das Bischofsamt werde zu wenig berücksichtigt, während vor den Folgen eines oberflächlichen und voreiligen Ökumenismus gewarnt werde.
Kasper betonte, die wichtigste Frucht nach 35 Jahren ökumenischen Dialogs sei die wiedergefundene Brüderlichkeit. Es blieben jedoch schwierige Fragen beim jeweiligen Kirchenverständnis zu überwinden. Während des "Zwischenzustands" auf dem Weg zur vollständigen Einheit der Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften müsse vor allem die ökumenische Praxis zwischen den Konfessionen sowie innerhalb der jeweiligen Kirche intensiviert werden.
"Heiliges Jahr fortführen"
Der Erzbischof von Mariana in Brasilien, Luciano Mendes de Almeida SJ, schlug im Namen seiner Bischofskonferenz der Synode vor, die religiösen Impulse des Heiligen Jahres in ein Programm "Kirche im dritten Jahrtausend" einmünden zu lassen. Die brasilianischen Bischöfe hätten diesbezüglich eine zweijährige Folge-Veranstaltung des Heiligen Jahres 2000 für die gesamte Weltkirche vorgeschlagen. Dieses Programm solle eine zweijährige Phase der religiösen Erneuerung und der Annäherung an die religiös Fernstehenden beinhalten.
Mendes berichtete, dass in Brasilien ein derartiges Programm bereits Gestalt angenommen habe. Die brasilianischen Bischöfe erhofften sich von dem Evangelisierungsprogramm ein "neues Pfingstereignis", so Mendes.
"Nicht alle Menschen kommen ins Paradies"
Der Erzbischof von Sydney, George Pell, beklagte, dass es selbst in der Kirche über Tod, Endgericht, Paradies und Hölle häufig Verwirrung oder Schweigen gebe. Nicht nur Terroristen oder Schwerverbrecher könnten ihr ewiges Heil verspielen, kein Mensch habe ein allgemeines Anrecht auf das Paradies, betonte Pell in seinem Synodenbeitrag. Viele Leute wollten nicht mehr akzeptieren, dass der Mensch aus freien Stücken böse handeln könne. Möglicherweise habe sich aber diese Auffassung nach dem 11. September geändert.
Viele Menschen wiesen auch einen Schöpfergott zurück, der vom Menschen verlange, auf die Wahrheit zuzugehen. Der Erzbischof hob demgegenüber die christliche Lehre von der Auferstehung des Leibes und dem Triumph des Ewigen Lebens über den Tod hervor. Mit dem Endgericht werde Gutes und Bösen getrennt. Damit schaffe Gott eine endgültige Gerechtigkeit, wie sie auf Erden nicht möglich sei. Pell forderte zeitgenössische Dichter und Künstler auf, sich wie Dante und Michelangelo von diesen Aussagen christlicher Hoffnung inspirieren zu lassen.
Kathpress
10. oktober 2001