Papst Johannes Paul II. möchte die neue Frömmigkeitsform der Verehrung der Barmherzigkeit Gottes weltweit verbreitet sehen
«Kathpress»-Korrespondentenbericht von Ludwig Ring-Eifel
Krakau, 18.8.02 (KAP) Im Süden Krakaus, dort wo nicht mehr die Plattenbauten dominieren, sondern alte und neue Einfamilienhäuser, Vorgärten und vereinzelte Einkaufszentren das Stadtbild prägen, ragt eine neue Kirche «wie ein Ozeandampfer aus weißem Beton und Glas» zwischen den Baumwipfeln hervor. Als erstes wird hoch oben die «Kommandobrücke» sichtbar, ein Kreuz darüber weist den Weg. Es blickt über die sanfte südpolnische Hügellandschaft nach Südwesten, Richtung Rom.
In lichtdurchfluteten Innenraum des Bauwerks, das sich erst auf den zweiten Blick als postmoderne Kirche im Design des Krakauer Architekten Witold Cenckiewicz offenbart, orientiert sich alles nach Nordost. In der Apsis, gewissermaßen im Heck des Dampfers, unter einem Lichtschacht, der in seiner Form an einen gigantischen Schornstein erinnert, blickt ein überlebensgroßer Jesus die Betenden an: die rechte Hand zum Segen erhoben und die linke auf die Brust gelegt. Von dort leuchtet ein rotes und ein blaues Strahlenbündel auf die goldene Weltkugel hinab, die als Tabernakel darunter steht.
Das Bild des «Jesus der Göttlichen Barmherzigkeit» ist nach den Visionen der Heiligen Faustyna Kowalska (1905-1938) gemalt. Die Ordensfrau fühlte sich von Jesus berufen, der ganzen Welt eine neue Form der Frömmigkeit zu verkünden, deren Zentrum von nun an die neue Basilika der Göttlichen Barmherzigkeit in Lagiewniki sein wird, die Papst Johannes Paul II. am Samstag geweiht hat. Nach dem Willen ihrer Erbauer sollen schon bald viele Barmherzigkeits-Kirchen überall auf der Welt entstehen, wie Kardinal Franciszek Macharski, der Nachfolger des Papstes auf dem Krakauer Bischofsstuhl, in einem Grußwort erläuterte.
Dem Papst war die Verehrung der Barmherzigkeit Gottes schon immer ein Herzensanliegen. Bereits als Krakauer Bischof förderte er diese neue Frömmigkeitsform, obwohl damals noch der Vatikan zur Vorsicht mahnte. Als Papst sprach er Schwester Faustyna 1993 selig und im Heiligen Jahr 2000 machte er sie zur Heiligen der gesamten Kirche. Doch damit nicht genug. Zu Ehren der göttlichen Barmherzigkeit führte er einen eigenen weltweiten Festtag ein, der seither am Sonntag nach Ostern begangen werden soll.
Bei der Weihe der neuen Kirche von Lagiewniki, an der rund 200 Kardinäle und Bischöfe aus aller Welt und mehr als 200.000 Pilger teilnahmen, ging Johannes Paul II. noch einen Schritt weiter. Er weihte die ganze Welt feierlich der Göttlichen Barmherzigkeit. Um den globalen und heilsgeschichtlichen Anspruch der neuen Frömmigkeitsform symbolträchtig zu untermauern, war vor drei Jahren der Grundstein der neuen Kirche aus Jerusalem in den Krakauer Vorort gebracht worden. Daran erinnerte der Papst in seiner Predigt noch einmal ausdrücklich. Zugleich sagte er, dass die Botschaft Schwester Faustynas von der Barmherzigkeit Gottes allen Bewohnern der Erde verkündet werden solle. Nur in ihr könne die von Ungerechtigkeit, Rache, Gewalt und Krieg geplagte Menschheit Frieden und Glück finden.
Die katholische Kirche in Polen ist zuversichtlich, dass dieses kühne Vorhaben, dem die architektonische Gewagtheit des «Ozendampfers» von Lagiewniki durchaus angemessen scheint, gelingen kann. «Dieses Gotteshaus wird Gott den Menschen näher bringen in der Gewissheit, dass Gott der Diener aller Armen ist - auch jener Armen, die ein Vermögen auf der Bank und ein Ferienhaus im Grünen haben und dennoch in dauernder Angst und geistiger Unruhe leben», erklärte der polnische Primas, Kardinal Jozef Glemp. Wie der Papst ist auch er davon überzeugt, dass sich die in ärmlichen Krakauer Verhältnissen entstandene Barmherzigkeits-Frömmigkeit weltweit, auch im wohlhabenden Westen, durchsetzen wird.
Kathpress
18. august 2002