Mit der 99. Auslandsreise beginnt der Papst am 3./4. Mai seine diesjährige Reisetätigkeit - Spannungen zwischen Regierung und Episkopat wegen der Auseinandersetzung um den baskischen Terrorismus und die Beteiligung Madrids am Irak-Feldzug
Vatikanstadt, 29.4.03 (KAP) Nur 36 Stunden dauert der Spanienbesuch, mit dem Papst Johannes Paul II. am 3./4. Mai seine diesjährige Reisetätigkeit beginnt. Doch für diese kurze Zeit hat sich der nahezu 83-jährige einiges vorgenommen. Auf dem Programm der 99. Auslandsreise des Papstes stehen zwei politische Treffen und zwei große Gottesdienste unter freiem Himmel sowie ein Essen mit den spanischen Kardinälen und Bischöfen. Die Termine werden mit Spannung erwartet, weil sie Aufschluss geben können über den Stand der nicht immer einfachen Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und der spanischen Gesellschaft.
Auf der politischen Ebene haben sich in jüngster Zeit vor allem zwei Themen belastend auf das einst so gute Verhältnis zwischen Regierungschef Jose Maria Aznar und den spanischen Bischöfen ausgewirkt. So stand die Unterstützung des katholischen Ministerpräsidenten für den amerikanisch-britischen Feldzug im Irak in schroffem Kontrast zu den eindringlichen Warnungen des Papstes vor einem neuerlichen Golfkrieg. Zu einem offenen Konflikt in den Beziehungen führte dies nicht, es war eher wie ein zusätzlicher Kratzer in einem ohnehin eingetrübten Verhältnis.
Denn eine spürbare Abkühlung gab es bereits im vergangenen Jahr in der Auseinandersetzung um den baskischen Terrorismus. Aznar hatte damals in einer breit angelegten Kampagne das Verbot der Eta-nahen Baskenpartei «Batasuna» vorbereitet und wollte auch die Kirche Zu einer Verurteilung des radikalen Separatismus bewegen. Doch die baskischen Bischöfe kritisierten das Batasuna-Verbot als falschen Weg zur Terror-Bekämpfung. Daraufhin griff Aznar die baskischen Bischöfe frontal an und beschwor damit eine diplomatische Krise zwischen Madrid und dem Vatikan herauf. Der Nuntius distanzierte sich schließlich von den baskischen Bischöfen. Der Aznar nahe stehende Vorsitzende der gesamtspanischen Bischofskonferenz, Kardinal Antonio Rouco Varela, setzte im November eine Verurteilung des Terrorismus wie auch des radikalen, separatistischen Nationalismus durch. Freilich verweigerten die baskischen und katalanischen Bischöfe bei der Kampfabstimmung die Gefolgschaft für den letzten Teil des Textes.
Der ungelöste Konflikt um den Separatismus und den harten Kurs Aznars dürfte sowohl beim Treffen mit dem Regierungschef als auch bei der Unterredung mit den spanischen Bischöfen eine Rolle spielen. Der Papst hat an der Verurteilung des Terrorismus in mehreren Ansprachen der jüngsten Zeit keinen Zweifel gelassen, doch muss er auch die engen Bindungen zwischen katholischer Kirche und baskischem Nationalismus berücksichtigen.
Nicht weniger spannend ist die Frage, welche Resonanz der Papst bei der spanischen Bevölkerung und insbesondere bei der Jugend finden wird. Denn die einstige katholische Hochburg Spanien hat sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Nach der Liberalisierung unter dem Sozialisten Felipe Gonzalez (1982-1996), die Spanien etwa bei der Vermarktung der Sexualität oder beim Drogenkonsum auf unrühmliche Spitzenplätze im europäischen Vergleich katapultierte, hat der zunehmende materielle Wohlstand dank Aznars Wirtschaftspolitik die Gesellschaft weiter in Richtung Konsumismus verändert. Nur noch 35 Prozent der knapp 40 Millionen Spanier bezeichnen sich in Umfragen als praktizierende Katholiken, und mit einer Geburtenrate von weniger als 1,2 Kindern pro Frau schneidet das Land in der EU-Statistik extrem schlecht ab. Die Zahl der Scheidungen steigt, die der Abtreibungen hat sich in den letzten zehn Jahren auf rund 60.000 pro Jahr verdoppelt.
Die Mobilisierung für den Papst-Besuch ist zunächst schleppend verlaufen. Dass die kirchlichen Organisatoren eine Anmeldegebühr von 10 Euro aufwärts verlangten, hat die Teilnehmerzahlen nicht beflügelt. Zum Abendgebet der Jugendlichen mit dem Papst am Samstagabend lagen laut spanischen Presseberichten eine Woche vor dem Ereignis erst rund 100.000 Anmeldungen vor, die doppelte Anzahl war allgemein erwartet worden.
Kathpress
29. april 2003