Allein für den Gottesdienst am Samstag haben sich rund 100.000 Jugendliche angemeldet
«Kathpress»-Korrespondentenbericht aus Madrid von Manuel Meyer
Madrid, 30.4.03 (KAP) Seit Stunden ziehen Frank und Yolanda von einem Madrider Hotel zum anderen - ohne Erfolg. Immer die gleiche Antwort: «Tut uns Leid, aber wir haben kein einziges Zimmer mehr frei!» Die beiden sind aus Sevilla angereist und wollen am Wochenende den Gottesdienst von Papst Johannes Paul II. auf der Madrider Plaza de Colon besuchen.
In der spanischen Hauptstadt sind kurz vor dem fünften Spanienbesuch des Papstes anscheinend nicht mal mehr eine Krippe oder eine Besenkammer zu ergattern. «Selbst Hotels und Landhäuser in den rund 30 bis 40 Kilometer entfernten Ortschaften sind zu 100 Prozent belegt», erklärt Valentin Ugalde, Generalsekretär des spanischen Hotelverbands. Die Eisenbahngesellschaft RENFE wird am 3. und 4. Mai sogar Sonderzüge einsetzen und die Anzahl der Waggons erhöhen, um die Menschen aus ganz Spanien nach Madrid bringen zu können.
Dabei werden es wohl nicht so viele werden wie bei den vier vorherigen Besuchen des Papstes. Der Kirche bläst starker Gegenwind ins Gesicht. Die wirtschaftlich erstarkten Spanier wenden ihr immer häufiger den Rücken zu. Die Öffnung nach Europa und die zunehmende Konsumorientierung hinterlassen ihre Spuren.
Die spanische Kirche setzt alle Hebel in Bewegung, um möglichst viele Gläubige für den Papstbesuch zu mobilisieren. Im Gebäude der Spanischen Bischofskonferenz läuft seit Wochen die Werbemaschine auf Hochtouren: Landesweit kündigen mehr als 40.000 Poster den Besuch des Papstes an. Weitere 10.000 Plakate säumen die Straßen Madrids. In 240 U-Bahn und Bus-Stationen sieht man das Bild von Papst Johannes Paul II.; 200.000 Broschüren, eine halbe Million Aufkleber, 200.000 Sticker und 250.000 Bücher wurden verteilt.
Das zeigt zwar Wirkung. Allein für den Gottesdienst am Samstag haben sich rund 100.000 Jugendliche angemeldet. Die Zahl bleibt allerdings um die Hälfte hinter den anfänglichen Erwartungen der Kirche zurück. Das Problem: eine späte und schlecht organisierte Informationskampagne für die notwendige Anmeldung, deren Frist bereits vor drei Wochen endete. So sahen sich die Organisatoren gezwungen, die Anmeldefrist nochmals zu verlängern. Zudem entschloss sich die Kirche, eine weiter von der Bühne entfernte «Blauzone» zu errichten, in der all jene Platz finden sollen, die sich nicht mehr anmelden konnten.
Eintrittspreise zwischen 10 und 30 Euro verlangt die Kirche von den Gläubigen unter 30 Jahren, die der Papstmesse am Samstag beiwohnen möchten. Gottesdienstteilnehmer über 30 Jahre sollen laut Medienberichten sogar bis zu 40 Euro zahlen. Spanische Zeitungen vermuten, dass das hohe Eintrittsgeld, das allerdings auch das Essen beinhaltet, viele Jugendliche abschrecken könnte. Der Erzbischof von Madrid, Kardinal Antonio Maria Rouco, bezeichnete die Gebühr hingegen als «einen geringen Beitrag zu den Kosten des fünften Papstbesuches in Spanien». Immerhin bekämen die Besucher dafür auch einen Erinnerungsrucksack, eine Kappe, einen Rosenkranz und ein Gebetbuch. Die Organisatoren geben sich unterdessen gelassen und rechnen für Samstag mit rund 300.000 Besuchern.
Zum offenen Gottesdienst am darauf folgenden Sonntag, bei dem Johannes Paul II. fünf Spanier heilig sprechen wird, werden sogar mehr als 800.000 Gläubige erwartet. Das erfordert eine gigantische Logistik: Die Messe auf der Plaza de Colon (Kolumbusplatz) im Stadtzentrum wird über acht riesige Leinwände übertragen. Mehr als 5.000 Polizisten bewachen den Papst rund um die Uhr. 10.000 freiwillige Helfer organisieren den reibungsfreien Ablauf der Massenveranstaltung und verteilen über 300.000 in Palästina handgefertigte Rosenkränze. 1.500 spanische Priester fungieren als Kommunionhelfer.
Allein 35.000 Holzstühle müssen aufgebaut werden, damit die prominenten Gäste aus Politik und Gesellschaft die Messe bequem verfolgen können. In den vordersten Reihen werden die spanische Königsfamilie, sämtliche Kabinettsmitglieder sowie alle aktiven und emeritierten spanischen Bischöfe sitzen. Neben 25 hohen Vatikan-Vertretern werden auch 36 kirchliche Würdenträger aus dem Ausland dem Madrider Gottesdienst beiwohnen: 10 Kardinäle, 12 Erzbischöfe und 14 Bischöfe aus Europa, Lateinamerika und Afrika.
Kathpress
30. april 2003