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Publisert 29. mars 2004 | Oppdatert 30. mars 2004

Wiener Weihbischof formuliert bei Podiumsdiskussion über «Die Passion Christi» schwerwiegende theologische Bedenken - «Wer sich vom Konzil inspirieren lässt, kann mit Gibsons Film positiv kaum etwas anfangen»

Wien, 23.3.04 (KAP) Mel Gibsons Jesus-Film «Die Passion Christi» ist nicht geeignet, Menschen den christlichen Glauben näher zu bringen. Er ist sogar angetan, diesen Glauben in manchen Punkten zu «stören», wie der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl bei einer Podiumsdiskussion am Montagabend im Wiener Albert-Schweitzer-Haus sagte. Als problematisch bezeichnete Krätzl den Umstand, dass der Film das christlich-jüdische Gottesbild «entstellt». In der Bibel werde ein Bild Gottes gezeichnet, der «Barmherzigkeit will und nicht Blutopfer».

Auch die Mitdiskutanten Krätzls - der evangelische Oberkirchenrat Michael Bünker, Richard Ames von der Grazer Israelitischen Kulturgemeinde, Birgit Flos, Professorin an der Wiener Filmakademie, und der Kulturkritiker und Jesus-Film-Fachmann Claus Philipp vom «Standard» - standen dem Streifen durchwegs kritisch bis ablehnend gegenüber. Moderator der von der Katholischen Aktion Österreich, der Evangelischen Akademie, dem jüdisch-christlichen Koordinierungsausschuss sowie der Wochenzeitung «Die Furche» veranstalteten Debatte war der Publizist Hubert Feichtlbauer.

Die «sehr verkürzte» Darstellung Jesu durch Gibson ist ebenfalls ein Grund, warum Bischof Krätzl dem Film ablehnend gegenübersteht. Jesus werde letztlich nur als Leidender präsentiert, seine Botschaft und sein Wirken kämen kaum vor. Auch die am Ende des Films angedeutete Auferstehung überzeugt Krätzl nicht: Diese Sequenz sei in ihrer Kürze «nicht rezipierbar». Der Film sei von einer «schockierenden Brutalität», dem Anspruch auf historische Exaktheit genüge er nicht. Einen weiteren theologischen Einwand brachte der Bischof gegen Gibsons Parallelsetzung der Kreuzigung mit dem Letzten Abendmahl vor: Eucharistie sei mehr als die vergegenwärtigte Selbsthingabe Christi - nämlich auch eine Vorwegnahme des Auferstehungsmahles. Generell gelte es, das Leiden Christi aus der nachösterlichen Perspektive der Auferstehung zu sehen. Diesem Anspruch muss laut Krätzl auch die Meditation des Leidens an den 14 Kreuzwegstationen entsprechen; er würde befürworten, wenn es eine 15. Station gäbe, die ausdrücklich die Auferstehung thematisiert.

Für Krätzl ist auffallend, dass sich vor allem «sehr konservative Kreise» lobend bis enthusiastisch über «Die Passion Christi» äußern. Gibson selbst stehe dem Konzil ablehnend gegenüber, das gerade auch in der Beziehung zwischen Christentum und Judentum Maßstäbe gesetzt habe. Als «antisemitisch» habe er in dem Film empfunden, dass bei Jesu Tod nicht wie in der Bibel der Vorhang im Tempel von Jerusalem zerreißt, sondern gleich der gesamte Tempel zerstört wird - gleichsam als Zeichen des Unmutes Gottes über das Judentum. Nach der Erklärung «Nostra aetate» über das Verhältnis der katholischen Kirche zu den nichtchristlichen Religionen sollte so eine Interpretation nicht mehr möglich sein, forderte Krätzl. Der Weihbischof bezeichnete es auch als ein Erbe des verstorbenen Kardinals Franz König und seines Einflusses auf das Konzil, dass man heute nicht mehr sagen könne, «die Juden» hätten Jesus getötet. «Wer sich vom Konzil inspirieren lässt, kann mit Gibsons Film positiv kaum etwas anfangen», so Krätzls Fazit.

Auch als Anstoß, über Jesus ins Gespräch zu kommen, hält Krätzl den Streifen für verzichtbar: Nach einem überaus erfolgreichen Jahr der Bibel 2003, in dem sich sehr viele Menschen neu der Heiligen Schrift angenähert hätten, «haben wir es als Kirche nicht notwendig, auf so einen Film zu warten».

Von einer «sadomasochistischen Gewaltorgie» sprach Richard Ames, der Vizepräsident des jüdisch-christlichen Koordinierungsausschusses. Es sei «furchtbar, dass Leute sich an einer solchen Gewalt weiden». Der Film ignoriere die jüdische Vielfalt zur Zeit Jesu, überzeichne den Einfluss des Kaiphas und verharmlose die Rolle des Pilatus. Jesus sei nur über seine Wurzeln im jüdischen Glauben wirklich verstehbar, so Ames. Gibsons Film setze Akzente, «als ob 'Nostra aetate' nie erschienen wäre».

Auch Oberkirchenrat Bünker nahm Anstoß an den antisemitischen Untertönen des Films. Die Passionsgeschichte könne heute nur aus der Perspektive nach Auschwitz interpretiert werden - «nicht wie sie z.B. auch Luther gesehen hat, von dem wir uns in dieser Hinsicht distanzieren», wie Bünker sagte. Es spiele für die Wirkung des Streifens auch keine Rolle, ob Regisseur Gibson diese Ausrichtung gar nicht beabsichtigte bzw. Antisemitismus grundsätzlich ablehne: «Antisemitismus ist eine Krankheit, die der Kranke oft selbst gar nicht bemerkt». Befremdet zeigte sich Bünker auch darüber, dass 200 Jahre kritische Bibelwissenschaft «offenbar spurlos an dem Film vorbeigegangen sind». Er täusche Historizität vor, sei aber anderen Quellen mehr verpflichtet.

Birgit Flos wies darauf hin, dass die Passion Christi der meistaufgegriffene Stoff der Filmgeschichte ist. Es sei grundsätzlich legitim, das Geschehen der Kreuzigung authentisch in Bilder umsetzen zu wollen, aber angesichts des «mittelmäßigen Action-Filmes in klassischer Hollywood-Manier», den Gibson produzierte, sei die Aufregung darum nicht ganz nachvollziehbar.

Auch für Filmkritiker Philipp rechtfertigt der Film in keiner Weise die Superlative, die ihm zugeschrieben werden. Es gebe wesentlich interessantere Jesus-Filme als jenen von Gibson, der eigentlich in ein «obskures Esoterik-Regal» gehöre.

Kathpress
23. mars 2004

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