Diskussion über Gibsons Jesus-Film im Grazer Kulturzentrum bei den Minoriten - Kritik an theologischer Engführung, Antijudaismen und historischen Fehlern
Graz, 25.3.04 (KAP) Das «Osterlachen» wurde bei einer Diskussion zum Mel Gibson-Film «Die Passion Christi» im Grazer Kulturzentrum bei den Minoriten vermisst. Das österliche Lachen («risus paschalis») gehöre zur Erlösungstradition des Christentums, sagte Diskussionsleiter Johannes Rauchenberger. «Das Christentum hat keineswegs nur Leidensbilder, sondern auch Bilder der Geburt, der Hirten, der Engel, des Lichts zu bieten», so Harald Baloch vom Grazer Komitee für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Er stellte am Beispiel des Gibson-Films eine Haltung in Frage, bei der Glaubensstärke an die Quantität des Leidens geknüpft wird.
Weitere Teilnehmer an der Gesprächsrunde im Grazer Kulturzentrum bei den Minoriten waren die diözesane Filmkonsulentin Astrid Polz-Watzenig, Prof. Peter Scheer von der Israelitischen Kultusgemeinde Graz und Prof. Christian Wessely, Leiter des Projekts «Film und Theologie» an der Grazer Theologischen Fakultät. Die theologische Kritik am Podium bezog sich vor allem auf die Engführung des Blicks auf Opfer und Blut.
Kritisiert wurden aber auch die «antijüdischen Schlagseiten» des Films. Tradierte Judenklischees nach dem Muster von «Stürmer-Karikaturen» wollte Prof. Scheer entdecken. Auch der nach der Kreuzigungsszene spektakulär einstürzende Tempel und das Zerbersten der Bundeslade selbst seien «zutiefst entlarvend», waren sich Baloch und Scheer einig: Denn dies zeige, «dass Gott seinen Bund mit Israel zerbrochen hat».
Astrid Polz-Watzenig stellte Gibsons Streifen in den Kontext der problematischen Kriegs- und Horrorästhetik Hollywoods, die gerade Jugendliche sehr anspreche; deshalb finde der Film in dieser Altersgruppe die größte Zustimmung. Prof. Wessely stellte die vermeintliche historische Authentizität des Filmes energisch in Frage. Es sei «traurig, dass man eine große Chance verpasst hat, aus dem Passionsstoff etwas theologisch Richtiges zu machen». Er persönlich halte den Film jedoch nicht für verderblich, sondern für misslungen, sagte Wessely.
Gibson vermittle einen Eindruck, wie es bei einer Kreuzigung wirklich zuging, meinte ein junger Diskussionsteilnehmer, «bisher war für mich das Kreuz immer etwas steril Ästhetisches». Dem widersprach Prof. Scheer aus der Sicht des Mediziners vehement.
Kathpress
25. mars 2004