Bukarest: Ein Brückenschlag über fast 1.000 Jahre
Rumänien-Reise öffnet für den Papst den Weg zum Dialog auch mit den anderen orthodoxen Kirchen -"Kathpress"-Korrespondentenbericht aus Rumänien von Johannes Schidelko
Bukarest, 9.5.99 (KAP) Eine orthodoxe Liturgie mit dem Papst, eine katholische Messe, an der ein orthodoxer Patriarch teilnahm: Mit seinem dreitägigen Besuch in Rumänien hat Papst Johannes Paul II. einmal mehr Kirchengeschichte geschrieben und ökumenische Zeichen gesetzt, die bislang unvorstellbar schienen. Fast 1.000 Jahre nach dem Schisma von 1054, das den christlichen Osten vom Westen trennte, besuchte erstmals ein römischer Papst ein mehrheitlich orthodoxes Land. Mit diesem Brückenschlag habe er eine Tür nicht nur nach Moskau, sondern auch zu anderen orthodoxen Kirchen geöffnet, meinte Vatikansprecher Joaquin Navarro-Valls. Das Ereignis ändere den Weg der Geschichte.
Der Besuch in Rumänien war eine Demonstration katholisch-orthodoxer Gemeinsamkeit: Gemeinsam fuhren der Papst und der rumänisch-orthodoxe Patriarch Teoctist im "Papamobil" durch die Straßen von Bukarest, in einem gemeinsam unterzeichneten Appell forderten sie auch einen sofortigen Waffenstillstand für den Balkan, einen dauerhaften Frieden und einen neuen Stil des Zusammenlebens. Und beide beschworen die christliche Einheit.
Höhepunkt der Visite war am Sonntag die festliche orthodoxe Liturgie auf der Bukarester Piata Unirii mit dem Papst als Ehrengast. "Geben Sie der Kirche die sichtbare Einheit zurück", appellierte Johannes Paul II. an Teoctist und die 35 Mitglieder des Heiligen Synods. Er selbst suche die Einheit mit all seinen Kräften. Bis zu seinem Ende werde er sich dafür einsetzen, daß die Ökumene zu den vorrangigen Zielen der Kirche und seines Amtes gehöre, versicherte Johannes Paul II. emphatisch. Entschieden, wenn auch im Stil zurückhaltender forderte auch Teoctist die sichtbare Einheit der Kirche. Allerdings gebe es auf diesem Weg noch viele Wunden der Vergangenheit, "die definitiv noch nicht verheilt sind". Die Antwort des Papstes: Mögen die Beziehungen zwischen den Kirchen "immer freier werden, frei von Angst und Verdacht".
Aussöhnung zwischen den Christen und Einheit zwischen den Kirchen waren die großen Themen der historischen Papstreise. Johannes Paul II. hat für die Chance zum ökumenischen Neuanfang einige Zugeständnisse an seine orthodoxen Gastgeber gemacht und u.a. auf einen Besuch im Zentrum der Katholiken des byzantinischen Ritus ("Unierte") im siebenbürgischen Blaj verzichtet. Aber er weiß, daß sein Besuch auch bei den anderen orthodoxen Kirchen, bis hin nach Moskau, sehr genau beobachtet wird. Ob sich aus diesem ökumenischen Test ein neues Verhältnis zwischen den Schwesterkirchen ergibt, hängt von den nächsten Schritten und von der Aufarbeitung ab. Und vom Fingerspitzengefühl und der Ehrlichkeit, mit dem die Kirchen auf die theologischen Differenzen ebenso wie auf die Empfindlichkeiten nach fast 1.000 Jahren unterschiedlicher Entwicklung von Ost und West eingehen. Ein Gradmesser wird sein, ob die Orthodoxie im kommenden Herbst Delegierte zur Europa-Synode nach Rom entsendet. 1991 hatte sie das katholische Bischofstreffen noch boykottiert. (ende)
KI/KAP (KathPress/Katolsk Informasjonstjeneste)