Jüdische Hochschule will Ruinen der Kirche Sancta Maria Alemannorum zu einem Hospiz für Talmudstudenten umbauen
Jerusalem (KAP) Auf scharfe kirchliche Kritik sind Umbaupläne der Ruine einer Kreuzfahrerkirche in der Jerusalemer Altstadt zu einer jüdischen Lehrstätte gestoßen. Die jüdische Hochschule "Feuer der Tora" will die Reste der Kreuzfahrerkirche "Sancta Maria Alemannorum" im jüdischen Viertel der Altstadt zu einem Hospiz für Talmudstudenten ausbauen. Sie pachtete bereits das Gelände von der staatlichen Verwaltungsgesellschaft für den Wiederaufbau des jüdischen Viertels für 49 Jahre.
Georg Philipp Melloni vom Deutschen Orden sprach bereits von einem "Frevel"; die Zerstörung der historischen Stätte von hohem archäologischen Wert sei eine "Sünde"; auch ein Sprecher des Johanniterordens kritisierte das Vorhaben. Der Deutsche Orden legte bei der Stadtverwaltung von Jerusalem und beim israelischen Religionsministerium Protest gegen die drohende Zerstörung des Kulturdenkmals ein. Der Orden hatte während der Kreuzfahrerzeit die Kirche und das angeschlossene Hospiz verwaltet.
Sprecher der von Altbürgermeister Teddy Kollek geführten "Jerusalem Foundation" empörten sich ebenfalls darüber, dass wenige Wochen vor dem Besuch von Papst Johannes Paul II. ein christliches Heiligtum "umfunktioniert" wird. "Wie hätten wohl jene Juden reagiert, wenn Muslime oder Christen ähnlich mit einer Synagoge umgegangen wären", hieß es. Die israelische Zeitung "Jediot Achronot" hatte gemeldet, dass der archäologische Park rund um Sancta Maria Alemannorum inzwischen eingezäunt und mit einem schweren Tor verschlossen worden sei.
Auf Anfrage sagte Osnat Goez, eine Sprecherin der Altertumsbehörde, dass die Behörde erst eingreifen könne, wenn schützenswerte Altertümer zerstört worden seien. "Allein die Absicht reicht noch nicht, jemanden ins Gefängnis zu stecken", so Goez. Ein Experte der Behörde solle jedoch an der Kirchenruine prüfen, ob gegen bestehende Gesetze zum Schutz von Altertümern verstoßen worden sei. Weiter erläuterte die Sprecherin, alle Behörden von der Stadtverwaltung bis hin zu den Baubehörden seien gewarnt worden, dort keine illegalen Bauten zu errichten.
Ein angesehener deutscher Archäologe, Hanswulf Blödhorn, meinte, dass üblicherweise in Kreuzfahrerkirchen im Altarraum angesehene Ritter begraben worden seien. Frommen Juden ist es aber verboten, über Gräbern zu bauen oder Gräber beiseite zu räumen. Die Kirchenruine ist mit hohen Seitenwänden recht gut erhalten. Sie diente Pilgern während der vergangenen Jahre als Ort für stille Andacht und Gottesdienste. Das Hospiz geht auf das Jahr 1127 zurück. 1143 wurde der dreigeteilte Bau - eine Kirche, ein Krankenhaus und ein Pilgerhospiz - dem Johanniterorden übertragen. Nach der Rückkehr der Kreuzfahrer nach Jerusalem unter dem römischen Kaiser Friedrich II. wurde Sancta Maria Alemannorum Sitz des Deutschen Ordens. In einem der Anbauten wurde ein byzantinisches Mosaik aus dem 6. Jahrhundert gefunden.
Kathpress