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Publisert 16. mars 2000 | Oppdatert 16. mars 2000

Der Papstbesuch in Israel als Symbol der Annäherung zwischen Christen und Juden nach einer zweitausendjährigen Schuldgeschichte - "Kathpress"-Analyse von Ludwig Ring-Eifel

Vatikanstadt-Jerusalem, 16.3.00 (KAP) Manche Katholiken erinnern sich noch an das bis 1959 gültige Gebet "pro perfidis Judaeis" am Karfreitag. Wenn Johannes Paul II. kommende Woche als erster Papst die Oberrabbiner Israels in ihrem Jerusalemer Amtssitz trifft und dann die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem besucht, scheint diese Formulierung Jahrhunderte zurück zu liegen. Tatsächlich sind jedoch erst 40 Jahre vergangen, seit die Kirche den tiefen Respekt vor dem Judentum wieder entdeckt hat.

Nach der Trennung der Christengemeinde vom Judentum im 1. Jahrhundert beherrschten Feindbilder die Wahrnehmung, die Juden wurden - wenngleich dies ein theologischer Unsinn war - als "Gottesmörder" geschmäht. Im späteren christlichen Abendland, mündete diese Feindschaft in Diskriminierung und schließlich in Verfolgung der jüdischen Minderheit. Legenden über die Juden als Hostienschänder, Kindsmörder und - bei der großen Pest um 1350 - als Brunnenvergifter lösten immer wieder Pogrome aus. Ein Mix aus Toleranz, Zwangsbekehrung, Ghettoisierung und Vertreibung bestimmten den Umgang christlicher Herrscher mit den Juden. Erst die Revolutionen des 19. Jahrhunderts brachten den Juden volle Bürgerrechte.

Bei vielen Katholiken behielt das Wort von den "verstockten Juden", die von Gott für ihre Missetaten bestraft würden, noch bis ins 20. Jahrhundert Gültigkeit. Die Shoah - der Vernichtungsfeldzug der deutschen Nationalsozialisten gegen das europäische Judentum - rief wenig dramatische Widerstandshandlungen der Christen hervor, auch wenn es in Ländern katholischer (Italien), orthodoxer (Bulgarien) und evangelischer (Dänemark) Tradition kraftvolle Ansätze dazu gab. Dass aber Pius XII. dem mörderischen Wüten der Nationalsozialisten überwiegend im Verborgenen entgegentrat, wird ihm bis heute auf jüdischer Seite verübelt.

Ein Umdenken gegenüber den Juden setzte sich erst unter Johannes XXIII. durch. Er änderte 1959 das diskriminierende Karfreitagsgebet. Beim Zweiten Vatikanischen Konzil regte er einen Grundsatztext über das Verhältnis zu den Juden an. Am 28. Oktober 1965 wurde der Text innerhalb des Dekrets über das Verhältnis zu den nichtchristlichen Religionen ("Nostra aetate") gegen massive innerkirchliche und islamische Kritik verabschiedet. In diesem Dokument bekannte sich die katholische Kirche zum Respekt vor den anderen Religionen. Sie betonte das gemeinsame geistliche Erbe von Juden und Christen und verurteilte alle Äußerungen von Judenfeindschaft. Zuvor besuchte Paul VI. trotz arabischer Proteste 1964 als erster Papst Israel und setzte damit einen Meilenstein in den Beziehungen.

Der endgültige Durchbruch im Verhältnis zu den Juden blieb Johannes Paul II. vorbehalten. Geprägt durch seine Jugend in Südpolen, wo er die Vertreibung und Ausmordung jüdischer Menschen miterlebte, machte er den Einsatz gegen den Antisemitismus und für die Verständigung von Juden und Christen zu einem zentralen Thema seines Pontifikats. 1986 besuchte er als erster Papst die jüdische Synagoge in Rom und gebrauchte den Ausdruck, die Juden seien für Christen die "älteren Brüder im Glauben". 1993 besuchte Israel Lau als erster israelischer Ober-Rabbiner den Vatikan, im Jahr darauf nahmen Israel und der Heilige Stuhl diplomatische Beziehungen auf.

Doch selbst unter dem Papst aus Wadowice ist das Verhältnis nicht spannungsfrei. So sorgte die aus israelischer Sicht araber-freundliche Haltung des Vatikans im Nahost-Friedensprozess für Verstimmungen. 1998 gab es beim Erscheinen des Vatikan-Dokuments zur Frage der Mitschuld von Christen am Holocaust von jüdischer Seite Kritik - auch deshalb, weil Pius XII. in diesem Dokument positiv gewürdigt wurde. Gemischt waren auch die Reaktionen auf das feierliche "Mea Culpa" am vergangenen Sonntag, bei dem der Papst auch die Sünden von Christen gegen das jüdische Volk bekannte. Doch bei aller Kritik im Detail überwiegt die Anerkennung, dass Johannes Paul II. in der Annäherung von Juden und Christen mehr erreicht hat als je ein Papst vor ihm.

Kathpress

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