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Publisert 30. mars 2000 | Oppdatert 31. mars 2000

Johannes Paul II. auf dem Tempelplatz und an der Klagemauer - «Kathpress»-Korrespondentenbericht von Christoph Strack

Jerusalem, 26.3.00 (KAP) Hier ist die Erde heilig, Zentimeter für Zentimeter. Und weil sie heilig ist, scheint sie vermint: Auf dem Tempelplatz - dem «Haram-esch-Scharif» mit den muslimischen Heiligtümern der Al-Aksa-Moschee und des Felsendoms - und nur einen Steinwurf weiter mit der Klagemauer als dem höchsten jüdischen Heiligtum verdichtet sich die ganze Spannung Jerusalems. So knatterten am Sonntag schon Stunden vor dem Ereignis die Hubschrauber über der an diesem Tag von den israelischen Sicherheitsbehörden nahezu hermetisch abgeriegelten Jerusalemer Altstadt.

Proteste gegen den Papstbesuch auf dem Tempelplatz gab es nur politisch motivierte - aber im Nahen Osten sind Religion und Politik nie zu trennen - und sie blieben symbolisch und sporadisch. Als der Papst auf dem Tempelplatz eintraf, trugen hoch über der Altstadt Ballons eine palästinensische Fahne in den strahlend blauen Himmel. Das Zeichen für den Anspruch der Palästinenser auf die Heilige Stadt passte zur Schärfe des Streits um Jerusalem, passte auch zu den polemischen Äußerungen des Großmuftis von Jerusalem, Scheich Ikrima Sabri. Am Vortag noch hatte er Öl ins stets schwelende Feuer gegossen, als er das Ausmaß des Holocaust in Frage stellte und zur «Befreiung» Palästinas aufrief. Solche «extrem hasserfüllten Worte», konterte Jerusalems Bürgermeister Ehud Olmert später, seien den Israelis vertraut. Trotzdem, an diesem Morgen, als der Papst aus dem gepanzerten Fahrzeug aussteigt, schüttelt ihm der Scheich freundlich lächelnd die Hand - und bekräftigt erneut den Anspruch der Muslime.

Eine Etappe nur an diesem Morgen, der Papst musste weiter. Zehn Minuten brauchte das Fahrzeug, um auf einem komplizierten Umweg den Papst zur Klagemauer zu bringen, jenen Steinwurf weit, der Welten trennt. Der Papst, umgeben von israelischen Fahnen, mit dem Blick auf die Klagemauer: Aufmerksam, mit dem Blick auf die hier 18 Meter hohe Mauer - Rest des einstigen herodianischen Tempels, den Titus im Jahr 70 zerstört hatte - lauschte Johannes Paul II. dem orthodoxen Rabbiner Michael Melchior, der als Vertreter der gemäßigt religiösen Meimad-Partei Minister im Kabinett Baraks ist. Melchior sprach vom ewigen Sehnen der Juden zur Klagemauer, in den Waggons nach Auschwitz und Treblinka, in den Kriegen der vergangenen Jahrzehnte: «Gottes Gegenwart hier ist nie gewichen». Dann mahnt der Rabbiner, Religion «nie wieder» für Gewalt zu missbrauchen, Gott nicht länger zu beleidigen. Heute gehe es um eine Ära des Friedens zwischen Juden, Christen und Muslimen.

Als sich Johannes Paul II. dann erhebt, zitiert er auf Latein den Psalm 122, den schon Melchior ansprach: «Friede wohne in deinen Mauern, in deinen Häusern Geborgenheit». Dann geht er, während es fast andächtig still wird unter den wenigen Beobachtern, mit schleppendem Gang auf die zu dieser Morgenstunde noch im Schatten liegende Wand zu. Der Papst bleibt drei Minuten an der Mauer. Er liest still für sich den Text einer Karte, die er - wie es jüdischem Brauch entspricht - in eine der Fugen steckt. Dann tritt er einen Schritt zurück und legt noch einmal die Hand, die zitternde Linke, an die Mauer. Ein Abschied für immer.

Längst schon ist der Papst auf dem Weg zur Grabeskirche, da drängen sich noch die Fotografen vor der gewaltigen Mauer. Im Blickpunkt der Objektive - die Karte, die der Papst hier ablegte: «Gott unserer Väter, du hast Abraham und seine Nachkommen auserwählt, deinen Namen zu den Völkern zu tragen. Wir sind zutiefst betrübt über das Verhalten aller, die im Laufe der Geschichte deine Söhne und Töchter leiden ließen. Wir bitten um Verzeihung und wollen uns dafür einsetzen, dass echte Brüderlichkeit herrsche mit dem Volk des Bundes». Es sind jene Worte, die er in seiner Vergebungsbitte am 12. März im Petersdom an das jüdische Volk richtete. Wie ein Testament wirken sie hier, ein Testament, handschriftlich unterzeichnet.

Kathpress

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