Vatikanstadt, 22.9.00 (KAP) Die für 1. Oktober geplante Heiligsprechung von 120 chinesischen Märtyrern hat Vatikansprecher Joaquin Navarro-Valls gegen Kritik aus Peking verteidigt. Navarro erklärte am Freitag im Vatikan vor Journalisten, die Tatsache, dass erstmals in der Kirchengeschichte chinesische Christen heilig gesprochen würden, sei bedeutsam für die gesamte Weltkirche. Das Datum der Zeremonie sei aus rein innerkirchlichen Gründen gewählt worden, weil es sich um den ersten Tag des traditionellen «Missions-Monats» Oktober handle.
Navarro widersprach mit Nachdruck Vermutungen, der Vatikan habe das Datum - es ist gleichzeitig der Jahrestag der Gründung der kommunistischen Volksrepublik China - aus «politischen oder diplomatischen Gründen» gewählt. Ebenso sei es nicht richtig, dass die Liste mit den 120 Namen der künftigen Heiligen aus Taiwan gekommen sei. Vielmehr hätten seit dem Jahr 1943 Bischöfe und Ordensleute aus zahlreichen Ländern Europas und Asiens, darunter auch aus China, die Heiligsprechung der Märtyrer gefordert.
Keine antichinesische Haltung
Der Vatikansprecher widersprach auch der von staatlicher chinesischer Seite vorgetragenen Behauptung, unter den künftigen Heiligen seien Missionare, die eine anti-chinesische Haltung gezeigt hätten. Das Gegenteil sei der Fall. Zum einen seien 87 der Betroffenen Chinesen, zum anderen hätten sich die Missionare in China stets durch eine besondere Liebe zu dem Land, seiner Kultur und seinen Menschen ausgezeichnet.
Navarro äußerte sich auch zu der einwöchigen Reise des französische Kurienkardinals Roger Etchegaray durch die Volksrepublik China. Die Tatsache, dass der Kardinal am populären Marienheiligtum von Sheshan bei Shanghai eine Messe gefeiert habe, zu der einfache Gläubige nicht zugelassen worden seien, zeige, dass in China noch immer keine Religionsfreiheit herrsche.
Dessen ungeachtet unterstrich Navarro, dass der Vatikan eine Normalisierung der diplomatischen Beziehung zu China wolle. Ein solcher Kanal würde Gespräche über alle Dinge im beiderseitigen Interesse erleichtern.
Etchegaray war bei seinem auch im Vatikan nicht unumstrittenen Besuch ranghoch empfangen worden. Er traf auch den Staatsrat Ismail Amat, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Sun Yuxi. Amat ist das höchste Regierungsmitglied, das für Religion zuständig ist. Der Staatsrat habe den Kardinal über die Religionspolitik und die Lage der Katholiken in China unterrichtet. Das Ziel «eines freundschaftlichen Austausches im Religionsbereich wurde erreicht», sagte der Sprecher; «es war ein erfolgreicher Besuch».
Informierte Kreise berichteten, der Kardinal habe auch eine Darstellung zur Heiligsprechung der Katholiken und Missionare am 1. Oktober gegeben. Es handle sich um Katholiken, die während des Boxeraufstandes vor 100 Jahren getötet worden waren und schon selig gesprochen wurden.
Das Außenministerium hatte dazu wenig später mitgeteilt: «Das Vorgehen des Vatikans verletzt schwer die Gefühle des chinesischen Volkes und die Würde der chinesischen Nation». Hintergrund ist, dass China vielen Missionaren vorwirft, mit den imperialistischen westlichen Mächten gemeinsame Sache gemacht zu haben. «Jesus kam auf einer Kanonenkugel nach China», sagte Deng Fucun, ein Vertreter der regimetreuen protestantischen Kirche, vor der Presse in Peking. Christentum sei Teil des «Imperialismus» gewesen.
Kathpress