Athen, 8.3.01 (KAP) Die orthodoxe Kirche von Griechenland hat einem Besuch von Papst Johannes Paul II. als "Pilger" zugestimmt. Der eintägige Aufenthalt könne in der ersten Maihälfte stattfinden, teilte der Sprecher des Heiligen Synods, Bischof Eusthatios von Monemvasia, in Athen mit. Trotz "berechtigter Vorbehalte" hinsichtlich dieses Besuches habe die Synode nicht ablehnend auf den römischen Wunsch reagieren wollen. Dies gelte vor allem, da es sich um eine reine Pilgerreise handle, so der Sprecher. Papst Johannes Paul II. hatte mehrfach sein Interesse bekundet, "als einfacher Pilger" auf den Spuren des Apostels Paulus neben Syrien und Malta auch Athen zu besuchen. Der Völkerapostel Paulus hatte laut biblischer Überlieferung auf dem dortigen Areopag gepredigt.
Der griechische Präsident Constantinos Stephanopoulos hatte den Papst bei einer Audienz im Vatikan Ende Jänner offiziell nach Griechenland eingeladen. In der orthodoxen Kirche von Griechenland gibt es wegen der Frage der "unierten" katholischen Ostkirchen und wegen der "Last der Geschichte" aus der Zeit der "fränkischen" und venezianischen Herrschaft im Mittelalter und in der frühen Neuzeit große Vorbehalte gegen das Gespräch mit der katholischen Kirche.
Die geänderte Haltung der Kirche von Griechenland zum Papstbesuch hatte sich in den letzten Monaten bereits abgezeichnet. In der Erklärung von Bischof Eusthatios wurde zwar darauf verwiesen, dass die "Wunden der Kreuzzüge" noch nicht vernarbt seien, und dass man aus interorthodoxer Solidarität kein einseitiges Entgegenkommen gegenüber Rom zeigen könne. Aber man wolle sich dem Wunsch des Papstes nach einer Pilgerreise auf den Spuren des Apostels Paulus nicht widersetzen. Im offiziellen Kommunique heißt es: "In ihrem Geist der Offenheit" verweigere sich die orthodoxe Kirche, trotz mancher Bedenken, nicht dem Wunsch des römischen Papstes. Die Reise müsse aber den "ausschließlichen Charakter einer Pilgerfahrt" haben. Weiter heißt es: "Griechenland ist ein orthodoxes Land und sein Volk ist gastfreundlich und höflich".
In ersten Kommentaren sprachen katholische Kirchenleute von einem "Erfolg", von einem historischen Moment. Immerhin zählte die Kirche von Griechenland innerhalb der orthodoxen Welt mit zu den schärfsten Kritikern der katholischen Kirche; auch hatte sie sich aus dem ökumenischen Dialog mit Rom weitgehend ausgeklinkt. Allerdings vermerkten Beobachter im Jänner mit Erstaunen, dass erstmals eine griechische Delegation bei der großen Ökumene-Feier mit dem Papst in der römischen Basilika San Paolo fuori le Mura teilnahm. Kenner sprach von einem "bemerkenswerten Signal".
Mit dem Votum des Heiligen Synods der Kirche von Griechenland kommt Papst Johannes Paul II. seinem Wunsch näher, seine Pilgerfahrt auf den Spuren der Bibel zu vollenden. Bereits im vergangenen Februar hat er am Sinai an Moses und die Zehn Gebote erinnert. Dann besuchte er im Heiligen Land die Stätten des irdischen Jesus. In einem dritten Teil möchte er sich den Anfängen der jungen Kirche zuwenden. Bei seiner Pilgerreise auf den Spuren des Heiligen Paulus von Damaskus nach Malta Anfang Mai fehlte bislang die Erinnerung an die Areopag-Rede des Völkerapostels in Athen. Eine Etappe, die für Johannes Paul II. ganz besondere Bedeutung hat.
Zwei Mal war Johannes Paul bislang in einem mehrheitlich orthodoxen Staat: In Rumänien und in Georgien, 1999. In beiden Fällen war er von Staat und Kirche, also auch von den orthodoxen Patriarchen Teoctist I. (Bukarest) und Elias II. (Tiflis) eingeladen worden. Für Athen liegt eine solche formelle Einladung auch nach der jüngsten Synodalentscheidung nicht vor. Aber das Zustandekommen der Lösung ist trotzdem nicht weniger bemerkenswert: Am 9. Februar hatte der Papst - so heißt es in dem Kommunique - Erzbischof Christodoulos von Athen von seinen Griechenland-Reiseplänen unterrichtet und zugleich um Nachricht gebeten, ob die orthodoxe Kirche etwas dagegen habe. Solche Bedenken, so die jetzige Antwort, bestehen nicht.
Ein päpstlicher Athen-Besuch wäre ein Präzedenzfall. Ähnlich ist die Situation in der Ukraine, die für Ende Juni auf dem Papstprogramm steht. Dort haben Präsident Leonid Kutschma und die Katholiken den Papst offiziell eingeladen, nicht aber die offizielle orthodoxe Landeskirche. Nun könnte ein Athenbesuch der festgefahrenen Ökumene förderlich sein. Die orthodoxe Kirche von Griechenland hat in dem Kommunique bereits die Bereitschaft zu einer Teilnahme und damit zu einer Begegnung mit dem Papst in Aussicht gestellt. Mit Athen hätte Johannes Paul II. dann seine Reise auf den biblischen Spuren fast komplettiert. Fehlt nur noch die Station Irak. Aber überraschend kam in jüngster Zeit die mehrfach geplatzte Idee einer Papstreise nach Ur, in die Heimat des Patriarchen Abraham, wieder ins Gespräch. Die Reise sei aufgeschoben, aber nicht aufgehoben, meinte ein vatikanischer Diplomat.
Vatikan erfreut über Athener Entscheidung
Der Vatikan hat das Einverständnis des Heiligen Synods der Kirche von Griechenland zu einer möglichen Papstreise nach Athen begrüßt. Die Entscheidung der orthodoxen Kirchenleitung komme "auch auf Grund ihrer ökumenischen Bedeutung den Erwartungen des Papstes entgegen und wird mit dem Gefühl der Dankbarkeit aufgenommen", betonte Vatikansprecher Joaquin Navarro-Valls in einer am Donnerstag verbreiteten Erklärung. Jetzt hoffe der Vatikan, "möglichst bald eine geistliche Pilgerreise des Papstes auf den Spuren des Heiligen Paulus ankündigen zu können", fügte der Sprecher hinzu.
Kathpress
8. mars 2001