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Publisert 16. mai 2001 | Oppdatert 16. mai 2001

Grazer Theologe Larentzakis bedauert, dass vor allem die Proteste mancher Gruppen in den Vordergrund gestellt wurden

Wien-Graz, 14.5.01 (KAP) Scharfe Kritik an der «Einseitigkeit» der westlichen Berichterstattung über den Papstbesuch hat der Grazer orthodoxe Theologe Prof. Grigorios Larentzakis in einem «Kathpress»-Gespräch geübt. In der Berichterstattung seien vor allem die Proteste kleiner Gruppen gegen den Papstbesuch in den Vordergrund gestellt worden und nicht die «Sensation des Guten», wie überhaupt «die positiven Entwicklungen der letzten Jahrzehnte» in den Beziehungen zwischen den Kirchen kaum dargestellt würden. Der Theologe erinnerte daran, dass es sich bei den Protestgruppen meist um sogenannte «Altkalendarier» gehandelt habe (eine schismatische Gruppierung, die sich von der orthodoxen Kirche getrennt hat); natürlich gebe es auch innerhalb der orthodoxen Kirche Kreise, die gegen die Ökumene sind, aber solche Kreise gebe es innerhalb der katholischen Kirche wohl auch. Larentzakis: «Wir kennen die Macht der Bilder. Warum sah man vor allem Bilder von protestierenden Mönchen, von denen einige gar keine waren und nicht die Bilder der Zuwendung des Athener Erzbischofs zum greisen Papst?»

In der Begegnung zwischen Papst Johannes Paul II. und Erzbischof Christodoulos von Athen sei eine «herzliche, brüderliche Gesinnung» spürbar geworden, die für die weitere Entwicklung des ökumenischen Gesprächs Hoffnung mache, betonte der Grazer Theologe. In der Berichterstattung und Kommentierung habe man aber nur herausgestrichen, dass Erzbischof Christodoulos eine «harte» Rede gehalten hätte. Kaum jemand habe sich die Mühe gemacht, auf die Inhalte dieser Rede zu schauen. Der Erzbischof von Athen habe hier die Vorbehalte vieler Orthodoxer auf den Punkt gebracht und der Papst sei darauf eingegangen: «Die Reden des Erzbischofs und des Papstes korrespondieren; das ungeheuer Positive ist, dass hier neue Perspektiven zu den schwierigsten Fragen im Verhältnis zwischen orthodoxer und katholischer Kirche geboten wurden».

Als die beiden zentralen Punkte nannte Larentzakis in diesem Zusammenhang die Vergebungsbitte des Papstes für die Untaten beim Vierten Kreuzzug und die Infragestellung der «Unionen» als Methode zur Wiederherstellung der kirchlichen Einheit. Vor allem der Satz über die «Unionen» sei in der westlichen Berichterstattung kaum erwähnt worden. Wörtlich meinte der orthodoxe Theologe: «Für mich ist der Satz über die 'Unionen' so wichtig wie die Vergebungsbitte. Denn hier hat der Papst das schwierigste aktuelle Problem im offiziellen Dialog der Kirchen angesprochen. Ich war immer überzeugt, dass auf dem Fundament der Schwesterkirchen auch die Frage der 'unierten' Kirchen gelöst werden kann. Der Papst hat jetzt zu verstehen gegeben, dass er das Problem erkannt hat und sich um einen Ausweg aus der Sackgasse des geschichtlich Gewordenen bemüht».

Die von Johannes Paul II. angesprochene «Reinigung des Gedächtnisses» sei von entscheidender Bedeutung, weil es im Osten ein ganz anderes Geschichtsbewusstsein gebe als im Westen: Für die Menschen im Osten, auch die orthodoxen Christen, sei klar, dass man die Probleme von heute nicht lösen kann, wenn man die historischen Fakten ignoriert. Die Eroberung von Konstantinopel durch die «Lateiner» 1204 mit allen ihren schrecklichen Konsequenzen habe bis heute traumatische Wirkung. Denn erst damals sei die Spaltung zwischen Ost- und Westkirche psychologisch vollzogen worden. Larentzakis: «Leider konzentrieren sich die Lehrbücher auf das Jahr 1054. Was damals geschehen ist, war die gegenseitige Exkommunikation von zwei Personen - auf der einen Seite Kardinal Humbert von Silva Candida, auf der anderen Seite Patriarch Michael Kerularios. Die Kirchen als solche waren davon zunächst wenig betroffen. Im übrigen sind diese Exkommunikationen 1965 am Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils aufgehoben worden».

Er müsse bei internationalen Kongressen immer wieder erleben, dass «westliche» Kollegen mit dem geschichtlichen Ablauf nicht vertraut seien, bedauerte der Grazer orthodoxe Theologieprofessor. Es stimme eben nicht, dass die «byzantinische» oder orthodoxe Kirche sich von Rom abgespalten habe.

Die Unkenntnis der Geschichte und das aus der Vorstellungswelt des 19. Jahrhunderts überkommene Vorurteil gegen die Orthodoxie sieht Larentzakis als eine Wurzel auch von «Fehlleistungen wie der einseitigen Berichterstattung über den Papstbesuch in Griechenland». Dieselbe Wurzel führe dann zu Äußerungen wie «Europa hört dort auf, wo die Orthodoxie anfängt». Man müsse endlich aufhören, Europa mit West- oder Mitteleuropa zu identifizieren: «Ohne Hellas und Byzanz wäre Europa nicht das geworden, was es ist».

Larentzakis würde sich wünschen, dass in der Analyse der ökumenischen Entwicklung «die Fakten mehr zählen als Vorurteile»: «Es wäre interessant, einmal aufzuzeigen, was seit den sechziger Jahren an Positivem geschehen ist, angefangen von der Begegnung zwischen Papst Paul VI. und Patriarch Athenagoras I. in Jerusalem». Kaum jemandem sei bewusst, dass eine der ersten Auslandsreisen Johannes Pauls II. dem damaligen Ökumenischen Patriarchen Dimitrios I. gegolten habe und dass bei dieser Gelegenheit die Aufnahme des offiziellen theologischen Dialogs zwischen orthodoxer und katholischer Kirche vereinbart worden sei. Seither seien auch mehrere gemeinsame Erklärungen der beiden Schwesterkirchen veröffentlicht worden. Die gemeinsame Erklärung von Papst Johannes Paul II. und Erzbischof Christodoulos auf dem Areopag sei jedenfalls nicht die erste seit dem Schisma gewesen.

Larentzakis: «Das Gemeinsame zwischen den Kirchen ist auf alle Fälle größer als das Trennende. Wir haben in den letzten Jahrzehnten einen guten Weg zurückgelegt. Selbstverständlich gibt es echte Probleme, aber wir müssen diese Probleme im geduldigen Dialog behandeln und dürfen nicht negativen Erscheinungen mehr Raum geben als positiven Entwicklungen».

Kathpress
14. mai 2001

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