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Publisert 28. august 2001 | Oppdatert 28. august 2001

Grazer Kirchenhistoriker fürchtet Negativauswirkungen der Weigerung, die Archive zu öffnen - Offizielle Kirche hat nach 1945 den Exponenten des katholischen Widerstands zu wenig öffentliche Anerkennung zuteil werden lassen

Graz, 28.8.01 (KAP) "Völlig unverständlich" ist für den Grazer Kirchenhistoriker Prof. Maximilian Liebmann das Verhalten des Vatikans in der Causa Archiv-Öffnung für die gemischte katholisch-jüdische Historikerkommission. "Wenn man so eine Kommission einrichtet, dann muss man ihr auch den Zugang zu den Archiven gewähren. Sonst lässt man es besser bleiben. Jetzt wird erst recht der Verdacht genährt, dass etwas verborgen werden soll und die schon veröffentlichten Dokumente sehr selektiv sind": Mit diesen Worten nahm Liebmann am Dienstag in Graz in einem "Kathpress"-Gespräch am Rande des laufenden Internationalen Kongresses der Europäischen Gesellschaft für Katholische Theologie (ET) zu den Aufregungen über das Scheitern der Historikerkommission Stellung, die das Verhalten Papst Pius XII. im Zweiten Weltkrieg erforschen sollte.

Liebmann kritisierte, dass man zuerst ausgewählte Wissenschaftler eingeladen und dann ein Nein zum Archivzugang gesagt habe. Der Schaden liege nun beim Vatikan. Einerseits werde nun immer erklärt werden, die von Paul VI. veranlasste Aktenpublikation durch vier Jesuiten sei höchst selektiv gewesen, andererseits werde man sich immer wieder mit einer Polemik auseinander setzen müssen, in der sich auch ein Rolf Hochhuth weiter zu Wort melden werde. Hochhuts Stück "Der Stellvertreter" hatte 1962 weltweit für Aufregung gesorgt. Der deutsche Autor warf Pius XII. Antisemitismus und Schweigen zum Holocaust vor.

Liebmann sprach beim Theologenkongress über den "Umgang der katholischen Kirche mit Tätern und Opfern des Nationalsozialismus". Aus der Sicht der Archive zeige sich, dass der "Nationalsozialismus in der österreichischen Seele tiefer gegründet hat als wir es wahrhaben wollen". Der Grazer Historiker bedauerte, dass nach 1945 die offizielle Kirche die Opfer des Widerstands aus dem kirchlich-katholischen Bereich kaum anerkannt oder geehrt habe - dies hätten nur "Orden, Pfarren oder katholische Gruppierungen" getan. Liebmann: "Was von der offiziellen kirchlichen Obrigkeit diesbezüglich geschehen ist und geschieht, ist mehr oder minder ausschließlich den Seligsprechungsverfahren des jetzigen Papstes zuzuschreiben".

Die Widerstandskämpfer selbst aus den Reihen der Priester seien "Außenseiter" gewesen, konstatierte der Historiker: "Sie galten auch in der katholischen Bevölkerung mehr als Verräter denn als Helden". Zur Causa Jägerstätter sagte Liebmann, die Seligsprechung werde kommen, und sie werde vor allem deshalb erfolgen, "weil sich Kardinal Schönborn der Sache angenommen hat". Doch es werde noch längere Zeit Kontroversen geben, weil die Seligsprechung für die Generation der Kriegsteilnehmer eine Provokation sei. Sie fragten sich natürlich nicht zu Unrecht: "Wenn der selig wurde - was sind dann wir...?"

Umgang mit Opfern und Tätern

Liebmann verwies darauf, dass der Umgang der Kirche mit Opfern und Tätern des NS-Regimes bisher in der wissenschaftlichen Aufarbeitung ein Stiefkind geblieben sei. Die österreichischen Bischöfe hätten in ihrem gemeinsamen Hirtenschreiben vom Herbst 1945 den "Opfern des Hasses" zwar für deren "unbeirrbare Treue" Dank gesagt und die ums Leben Gekommenen den Märtyrern gleichgesetzt. Priester des Widerstandes, die aus der Gestapo-Haft oder dem KZ heimkamen, seien aber nicht kirchen-offiziell geehrt worden.

Gleichzeitig sei im kirchlichen Bereich das Engagement für die Täter bis zur Fluchthilfe als "Pflicht der Nächstenliebe" angesehen worden, erinnerte der Grazer Historiker. Er verwies auf das Beispiel des Rektors der österreichisch-deutschen Nationalstiftung Santa Maria dell'Anima in Rom, des aus der Untersteiermark stammenden Bischofs Alois Hudal, der schließlich vom Vatikan nach eigenem Bekunden abgesetzt wurde, weil er "troppo tedesco" (zu deutsch) war. Liebmann zitierte aber auch aus dem Protokoll der Frühjahrssitzung 1947 der Bischofskonferenz, in dem festgehalten wurde, dass der damalige Bundeskanzler Leopold Figl "im Interesse eines guten Abschlusses des Staatsvertrages" die Bischöfe gebeten hatte, "vorläufig nicht zu Gunsten der Nationalsozialisten an die Öffentlichkeit zu treten oder an den Alliierten Rat zu appellieren".

Kathpress
28. august 2001

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