Sofia, 23.5.02 (KAP) Papst Johannes Paul II. ist in Bulgarien, der zweiten Station seiner 96. Auslandsreise, eingetroffen. Kurz nach 17 Uhr MESZ landete die Boeing 757 der «Air Azerbaijan» nach dreistündigem Flug aus Baku auf dem Flughafen von Sofia.
Der Papst verließ, wie bereits zuvor in Azerbaidschan, das Flugzeug über eine hydraulische Hebebühne und fuhr anschließend auf einem Rollwagen eine Ehrenformation ab. Er wurde begrüßt von bulgarischen Protokollbeamten sowie von der Vatikan-Delegation, die sich in Bulgarien dem Tross anschloss. Darunter war auch Kurienkardinal Walter Kasper, der Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, der an den Planungen der ökumenischen Elemente dieser Reise maßgeblich mitbeteiligt war.
Auf dem Aleksander-Newskij-Platz im Zentrum der Hauptstadt fand dann die offizielle Begrüßungszeremonie durch Präsident Georgi Parwanow und die katholischen Bischöfe des Landes statt. In seiner Ansprache äußerte Johannes Paul II. den Wunsch nach besseren ökumenischen Beziehungen mit der orthodoxen Landeskirche.
Positiv äußerte sich der Papst zu den EU-Ambitionen Bulgariens. Die «mit Mut angegangene gesellschaftliche Erneuerung» sollte von der EU «mit intelligenter Aufnahme und großzügiger Unterstützung bedacht werden». Bulgarien sei eine Brücke zwischen Ost- und Südeuropa. Es sei ein geistiger Treffpunkt, ein Land der Begegnung und des gegenseitigen Verständnisses, ein Land mit menschlichem Reichtum und vielen Kulturen.
Ausdrücklich lobte Johannes Paul II. die traditionelle bulgarische Gastfreundschaft. Dabei erinnerte er auch an den Schutz für Tausende Juden während des Zweiten Weltkriegs - auf Grund des Widerstands des Zaren konnte das nationalsozialistische Deutschland im verbündeten Bulgarien keine Deportationen organisieren.
Der Papst rief die Bulgaren auf, «die Wunden der Vergangenheit zu heilen und mit Optimismus die Zukunft zu planen». Es gelte, mit Klugheit das Rechtssystem und die demokratischen Strukturen aufzubauen, die christlichen Wurzeln des Landes zu erkennen und die großen Werte wie Ehrenhaftigkeit, Schutz der Familie, Respekt vor dem menschlichen Leben von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod zu fördern.
Der Papst erinnerte in seiner Rede an die Verfolgung und Unterdrückung durch den «langen und harten Winter des totalitären Systems». Ausdrücklich erinnerte er an seinen Vorgänger Johannes XXIII., der 1924-34 Apostolischer Delegat in Bulgarien war.
Als Hinweis auf das Papstattentat vom 13. Mai 1981 werteten Beobachter die Versicherung des Pontifex, er habe «unter keinen Umständen aufgehört, das bulgarische Volk zu lieben». Papstattentäter Ali Agca hatte in seinen Aussagen den bulgarischen Geheimdienst schwer beschuldigt.
«Möge der Besuch unser gegenseitiges Kennenlernen vertiefen», sagte der Papst an die Adresse der orthodoxen Kirche, «damit wir mit Gottes Hilfe eines Tages und auf die Art, die ihm gefällt, zu einem Leben in vollkommener Einheit des Denkens und Handelns kommen können».
Unter Hinweis auf die Märtyrer aus allen christlichen Kirchen äußerte Johannes Paul II. die Überzeugung, dass ihr Opfer nicht umsonst gewesen sei. Es müsse «als Beispiel dienen und einen fruchtbaren ökumenischen Dialog fördern».
Ein besonderes Grußwort richtete Johannes Paul II. auch an die Vertreter der anderen christlichen Gemeinschaften sowie an den Präsidenten der jüdischen Gemeinde und den islamischen Großmufti.
Kathpress
23. mai 2002