Die orthodoxe Kirche reagierte «höflich, aber nicht herzlich» auf die Initiativen des Papstes
«Kathpress»-Korrespondentenbericht von Ludwig Ring-Eifel
Sofia, 24.5.02 (KAP) Mit politischen und kirchlichen Versöhnungsgesten hat Papst Johannes Paul II. seinen Besuch in Bulgarien fortgesetzt. Bei einem Treffen mit dem bulgarischen Staatspräsidenten räumte er am Freitagmorgen eine Belastung aus dem Weg, die als «Bulgarien-Connection» beim Papstattentat von 1981 in die Geschichte eingegangen ist. Für die bulgarische Politik war es wie eine Befreiung, als der Papst jetzt dem Präsidenten Georgij Parwanow versicherte, er habe nie an eine bulgarische Mittäterschaft bei dem Attentat geglaubt, weil er das bulgarische Volk zutiefst respektiere.
Der Verdacht, dass der damalige Geheimdienst des Balkanstaates in den Anschlag des Türken Ali Agca auf das Leben Johannes Pauls II. verwickelt war, schwebte bis zu diesen Worten des Papstes noch immer als dunkler Schatten über den Beziehungen zwischen Rom und Sofia.
Bereits am Vortag hatte der Papst in einer Begrüßungsrede versichert, er habe seine Liebe zum bulgarischen Volk «zu keinem Zeitpunkt» aufgegeben. Die Anspielung war vom Publikum verstanden und mit langem Applaus bedacht worden; die bulgarische Tageszeitung «Dnewnik» feierte die freundliche Ouvertüre des Papstbesuches am Freitagmorgen mit der Titelschlagzeile «Johannes Paul II. segnet Bulgarien».
Schwerer als auf der politischen Ebene war es für den Papst, im kirchlichen Bereich die Mauern zu überwinden, die in Sofia ähnlich wie in anderen Patriarchaten des Ostens gegen das Papsttum bestehen. Die Reserviertheit der bulgarischen Orthodoxie, die dem Moskauer Patriarchat traditionell besonders eng verbunden ist, zeigte sich an diesem Tag in Sofia unübersehbar. Ebenso deutlich war aber der ungebrochene Wille des Papstes, die Trennung von West- und Ostkirche auch in Bulgarien zu überwinden.
Am Gedenktag der Slawenapostel Kyrill und Method, der in dem Balkanstaat als staatlicher und kirchlicher Festtag begangen wird, besuchte der Papst die Aleksander-Newski-Kathedrale. Zuvor hatten dort die geistlichen Führer der orthodoxen Kirche einen Gottesdienst zu Ehren der beiden Heiligen gefeiert. Johannes Paul II. lauschte den slawischen Kirchengesängen, als Zeichen seiner Teilnahme am Gebet entzündete er eine Kerze und verneigte sich vor einer Ikone.
Der bulgarische Patriarch Maksim begrüßte ihn bei dieser Gelegenheit ebenso wenig wie bei einer anschließenden Kranzniederlegung am Denkmal der beiden Slawenapostel: Der Patriarch hatte bereits am Morgen an gleicher Stelle einen Kranz niedergelegt und eine Ansprache gehalten.
Das protokollarische «Ausweichen» Maksims, der noch vor wenigen Tage betont hatte, dass er Johannes Paul II. nicht eingeladen habe und dass er auch nicht für seine Begrüßung zuständig sei, fand erst gegen Mittag ein Ende. Für knapp eine Stunde öffnete er zusammen mit dem Hl. Synod dem Papst die Tore seines Palastes. Mit zwei Gesten von hohem Symbolwert bemühte sich Johannes Paul II., das Eis zu brechen. Er kündigte die Überlassung eines Gotteshauses im Zentrum Roms, der Kirche zu den Heiligen Vinzenz und Anastasius am Trevi-Brunnen, für die in Italien lebenden bulgarisch-orthodoxen Gläubigen an und überbrachte gleichzeitig eine bisher in Italien aufbewahrte Reliquie des frühchristlichen Märtyrers Dasios, der in Bulgariens Kirche hoch verehrt wird.
Inhaltlich warb er darum, Kyrill und Method als verbindendes Element zwischen der Kirche des Westens und des Ostens zu begreifen. Er erinnerte daran, dass die beiden Slawenapostel im Jahr 867 zum damaligen Papst Hadrian II. reisten, der ihre slawischen Liturgie-Texte für authentisch erklärte und ihre Schüler weihte, die dann die Slawenmission fortsetzen sollten. Vom Patriarchen in Konstantinopel gesandt und vom Papst in Rom beglaubigt - diese doppelte Sendung der Gründerväter der slawischen Orthodoxie empfahl der Papst als beispielhaft für die Zukunft. Es gehe darum, zwischen den «östlichen und westlichen Schwesterkirchen durch Dialog und Gebet die sichtbare Einheit zu finden», formulierte der Papst.
Die Reaktion des Patriarchen auf die brüderlichen Angebote des Pontifex wurde von Augenzeugen als «höflich, aber nicht herzlich» beschrieben. Der mitgereiste Ökumene-Chef des Vatikans, Kardinal Walter Kasper, erklärte nach dem Treffen im Gespräch mit Journalisten, auch wenn in Sofia keine konkreten weiteren Schritte zur Einheit genannt worden seien, sei es doch von großer Bedeutung für die Ökumene, dass diese Begegnung stattgefunden habe.
Wie weit Ost und West für manche noch immer auseinander liegen, machte am Rand des Treffens Metropolit Neofit von Dorostol deutlich. Er sagte zu Journalisten, der Besuch Johannes Pauls II. müsse als bloß politisches Ereignis verstanden werden, denn theologisch sei der Papst in den Augen der orthodoxen Kirche nach wie vor ein Häretiker.
Kathpress
24. mai 2002