Weltjugendtag von Toronto erinnert an den Leidensweg Jesu - Texte zu den szenischen Darstellungen stammten von Johannes Paul II.
Toronto, 27.7.02 (KAP) Zwischen den Wolkenkratzern mitten im Geschäftszentrum von Toronto haben die Teilnehmer des Weltjugendtages am Freitagabend (Ortszeit) den Kreuzweg gebetet. Mehrere Hunderttausend junge Katholiken nahmen an dem dreistündigen Gebetsgottesdienst in Erinnerung an das Leiden und Sterben Christi teil. In einem Drama aus bewegten Szenen wurden die 14 traditionellen Stationen von der Verurteilung durch Pontius Pilatus bis zu Kreuzigung und Grablegung nachgestellt.
Die plastische Inszenierung des Kreuzwegs, der die University Avenue entlang führte, erinnerte in gewisser Weise an Passionsspiele in hiesigen Breiten. Die eindrucksvolle Meditationsfeier, die zu Beginn von Regenschauern gestört wurde, beendete den vierten Tage des Jugendtreffens, der im Zeichen von Versöhnung und Umkehr stand.
Die Texte zu der Kreuzweg-Inszenierung stammten von Papst Johannes Paul II. selbst. Er hatte sie für den Karfreitag des Heiligen Jahres 2000 am römischen Kolosseum geschrieben. Im Mittelpunkt der von Gebeten begleiteten Aufführung, die sich auf zwölf Bühnen vollzog, standen jedoch nicht Schauspieler und Komparsen, sondern das große Holzkreuz der Weltjugendtage. Dieses drei Meter hohe Kreuz, das vor dem Treffen von Toronto über 40.000 Kilometer durch alle 70 Diözesen Kanadas gebracht wurde, war hier begleitet von 120 Jugendlichen aus aller Welt.
Zu Beginn der Zeremonie entzündeten Teilnehmer vier Fackeln an der Friedensflamme im Peace Park, die seit dem ersten Papstbesuch in Kanada 1984 brennt. Sie begleiteten den nachgestellten Leidensweg Christi über den gesamten Verlauf. Der Jesus-Darsteller - der wie alle Schauspieler und Komparsen in einem Wettbewerb ermittelt worden war - trug ein großes rotes Kreuz entlang des ganzen Wegs. Ein schwarzgekleideter Chor im Stil der antiken Tragödie begleitete die 14 Stationsszenen - als Zeichen für die Begegnung der modernen Welt mit Christus, wie die Regie erläuterte.
Musikalisch gestaltet wurde die Feier mit Taize-Gesängen, religiösen Liedern im Country-Stil, Bach-Kantanten, Psalmen und Gregorianischem Choral vom «Dies irae» bis hin zu «O Haupt voll Blut und Wunden». Zum Abschluss der Meditationsfeier wurde der Leichnam Christi in dunkler Trauerprozession durch den Queens Park getragen.
Johannes Paul II. verfolgte den eindrucksvollen Kreuzweg der Jugend über einen Fernseher in seinem Gästehaus auf dem 100 Kilometer entfernten Strawberry Island. Immer wieder wurde er auf die riesigen Bildschirme eingeblendet, über die die Teilnehmer die Feier über die lange Strecke miterleben konnten. Die Feier endete mit dem Segen durch Kardinal Aloysius Matthew Ambrozic von Toronto.
«Heilsgeschichte im Schatten der Wolkenkratzer»
«Jede einzelne der Kreuzwegstationen war durch das Zusammenspiel von Darstellung, Kostümen, Kreuzwegtexten und ausdrucksstarken Musikstücken von Ehrfurcht gebietender Eindringlichkeit», berichtete der «Radio Vatikan»-Journalist Clemens Behr. Kardinal James Francis Stafford, Präsident des Päpstlichen Laien-Rates, sagte zu Beginn, der Weg zum Kreuz sei nicht einfach der Gang zur Hinrichtungsstätte gewesen: «Wir glauben, dass uns jeder Schritt des verurteilten Christus die Wahrheit über Gott und den Menschen offenbart». Das Kreuz Jesu teilen bedeute, das eigene Kreuz anzunehmen - in der Nachfolge dessen, der die Schande des Kreuzes überwunden und über den Tod triumphiert hat.
Von Station zu Station ging es in der University Avenue voran, einer der großen Verkehrsadern im Zentrum Torontos, das Weltjugendtags-Kreuz voran, begleitet von den lodernden Fackeln der Jugendlichen, die die römischen Soldaten darzustellen hatten. In dieser Straße liegen mehrere Krankenhäuser nebeneinander, Stätten, wo Menschen leidenden Menschen helfen, ein Grund, warum gerade die University Avenue ausgewählt wurde, um das Leid des Erlösers darzustellen. Am Straßenrand die Massen der Jugendlichen, nicht Schaulustige wie damals vor 2.000 Jahren, sondern im Geist mit dem leidenden Christus vereint. Immer wieder das «Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi» (Wir beten dich an, Christus, und preisen dich). Ein Behinderter im Rollstuhl aus Jean Vaniers Gemeinschaft «L'Arche» stellte Simon von Cyrene dar; Veronika wandelte sich in der Darstellung auf der University Avenue in die Sünderin, die dem Herrn die Füße mit kostbarem Öl salbt, mit ihren Tränen wäscht und mit ihren Haaren trocknet. Beide Frauengestalten zeigen, dass jeder aus Liebe getane Akt den Handelnden dem Erlöser ähnlich werden lässt, ihm sein Abbild einprägt.
Die Sterbeszene war bewegend realistisch inszeniert für die einen, für europäische Augen vielleicht zuweilen etwas kitschig; dann wurde der «Leichnam» auf einem Holzbrett über eine weite Strecke durch die Straßen getragen. Nach der Grablegung sprach der Mediationstext schon vom leeren Grab, aber auch das Weltjugendtags-Lied «Licht der Welt» ließ etwas von der nahenden Auferstehung erahnen. «Ein Stück Heilsgeschichte der gesamten Menschheit und jedes einzelnen, in selten erlebter Intensität vergegenwärtigt im Schatten der Wolkenkratzer von Downtown Toronto», so der Kommentar von Clemens Behr.
Kathpress
27. juli 2002