Österreichischer Jesuit P. Sperringer nach Projektreise durch verschiedene chinesische Regionen: «China ist offener denn je» - Zahlreiche Sozialprojekte, vor allem für Aussätzige, werden als gemeinsame Staat-Kirche-Projekte durchgeführt
Wien-Peking, 22.11.02 (KAP) Seit der im Juni erfolgten Verlegung des China-Provinzialats des Jesuitenordens von Taiwan nach Macao hat das Engagement des Ordens auf dem chinesischen Festland dramatisch zugenommen. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Regionen Sichuan und Yünnan (Südchina) sowie Hebei im Norden.
Die kirchliche Situation habe sich in diesen Regionen innerhalb der letzten fünf Jahre besonders stark zum Besseren verändert, berichtete der Provinzökonom der österreichischen Jesuiten, P. Friedrich Sperringer, am Freitag in Wien in einem «Kathpress»-Gespräch. P. Sperringer ist vor kurzem von einer mehrwöchigen Projektreise durch Festlandchina zurückgekehrt. Zahlreiche Sozialprojekte, insbesondere für Aussätzige, seien als gemeinsame Staat-Kirche-Projekte initiiert worden. Von Seiten der Jesuiten ist jeweils der in Macao angesiedelte neue ordenseigene «Matteo Ricci Social Service» (MRSS) der Partner.
Mit der Übersiedlung nach Macao war die Gesellschaft Jesu an die Wurzeln ihrer vor 400 Jahren begonnenen China-Mission zurückgekehrt. Die jahrhundertelang portugiesische Inselstadt steht seit 1999 wieder unter chinesischer Souveränität. Sie bildet als RAEM (Regiao Administrativa Especial de Macau) eine spezielle Verwaltungseinheit mit Pass- und Zollgrenze nach Festlandchina sowie eigener Währung. Die chinesische Jesuitenprovinz ist für Hongkong, Macao, Taiwan und China zuständig. Von Macao aus gelingt es den Jesuiten gut, sich der ständig verändernden Situation in China anzupassen.
P. Sperringer berichtete, dass die vor der Öffnung Chinas völlig vernachlässigten Lepradörfer in Sichuan und Yünnan dank der umsichtigen Strategie der Verantwortlichten des «Matteo Ricci Social Service» zum Großteil saniert und medizinisch modernisiert werden konnten. Im Oktober seien zwei Lepradörfer nach der Sanierung feierlich wieder eröffnet worden; er habe als Ehrengast selber teilnehmen können, so P. Sperringer. In den Dörfern dürfen lokale chinesische Schwesternkongregationen arbeiten; die Schwestern erhalten eine medizinische und soziale Spezialausbildung. Die Verkündigung des Evangeliums sei möglich.
In der nördlichen Region Hebei mit ihren rasch wachsenden Großstädten - wie Shijianzhuang mit vier Millionen Einwohnern - können die von österreichischen Jesuiten vor rund 100 Jahren gegründeten katholischen Gemeinden heute wieder ein blühendes Leben entfalten, berichtete P. Sperringer weiter. In Hebei wird auch die größte chinesische Kirchenzeitung herausgegeben und die Web-site der chinesischen Kirche (www.chinacatholic.org) betreut.
«China ist offener denn je», betonte P. Sperringer. Der Wiener Jesuit warnte vor falschen Klischeebildern über die Situation der katholischen Kirche in China. Anfang der neunziger Jahre sei überall die Liturgie des II. Vaticanums eingeführt worden; in allen Messen werde «für den Papst gebetet». Hinter den Kulissen geschehe sehr viel, damit die völlige Einheit der Kirche in China mit dem Vatikan wiederhergestellt werden kann. Derzeit sei zwar bei Bischofsweihen immer die Zustimmung der «Patriotischen Vereinigung» notwendig, doch es gebe fast immer auch eine - alllerdings inoffizielle - Abklärung mit dem Heiligen Stuhl über den jeweiligen Kandidaten.
Kathpress
22. november 2002