Zagreb, 6.6.03 (KAP) Papst Johannes Paul II. ist am zweiten Tag seiner Kroatienreise in Dubrovnik eingetroffen. Mit dem Flugzeug kam er von Rijeka aus in die historisch bedeutsame Stadt, wo die Seligsprechung der Ordensgründerin Maria Petkovic (1892-1962) zu den Höhepunkten seiner 100. Auslandsreise gehört.
Vor der Messe, an der mehr als 50.000 Gläubige teilnahmen, fuhr der Papst etwa eine halbe Stunde im gläsernen «Papamobil» durch die Menschenmenge, die ihm begeistert zujubelte.
Papst würdigt «Genius der Frau»
Bei der Seligsprechungsmesse im Hafengelände rief Johannes Paul II. die Kroaten nach den Jahres des Krieges zu mehr Sensibilität für den Wert des menschlichen Lebens unter allen Umständen auf. Ausdrücklich sprach er die Frauen und Mütter an, die während der grausamen Kämpfe in den neunziger Jahren Familienangehörige verloren oder andere schreckliche Erfahrungen erlebt hätten - vermutlich eine Anspielung auf Vergewaltigungen.
Aber auch in der Hektik des modernen Lebens drohe oft das unterzugehen, «was das Humane ausmacht», rief der Papst: «Vielleicht braucht unsere Epoche, mehr als in anderen Zeiten, jenen Genius der Frau, der die Sensibilität für den Menschen sichert».
Die neue Selige Maria Petkovic hatte den Orden «Töchter der Barmherzigkeit» gegründet, der sich für sozial Benachteiligte engagiert. Die Gemeinschaft zählt heute 450 Mitglieder, die auf drei Kontinenten in zwölf Ländern in der Jugenderziehung, der Katechese sowie der Alten- und Krankenpflege tätig sind.
Peruanische U-Boot-Besatzung gerettet
Zu den Wundern, die im Seligsprechungsverfahren für Petkovic untersucht wurden, gehört auch die unerklärliche Errettung eines gesunkenen peruanischen U-Bootes mit 22 Mann Besatzung im Jahre 1988. Dem Kommandanten gelang es, mit bloßer Körperkraft die Luke des Bootes gegen den tonnenschweren Druck des Wassers zu öffnen. Er gab an, die Fürsprache von Mutter Petkovic angerufen zu haben, über die er während eines Krankenhausaufenthaltes eine Biografie gelesen hatte.
An der Reliquien-Prozession nach der Seligsprechung nahmen auch mehrere Marine-Soldaten aus Peru teil, die der neuen Seligen ihre Reverenz erwiesen.
Rundfahrt durch die Altstadt
Vor dem Rückflug nach Rijeka unternahm Johannes Paul II. eine Rundfahrt durch die einmalige historische Altstadt von Dubrovnik. Das ehemalige Ragusa war jahrhundertelang eine durch internationale Handelsbeziehungen wohlhabende Stadtrepublik.
Für Samstag stehen Osijek und Djakovo in Ostslawonien auf dem Besuchsprogramm. Dieses Grenzgebiet war im Kroatien-Krieg 1991-95 schwer in Mitleidenschaft gezogen worden.
Johannes Paul II. wird in Osijek mit Repräsentanten der serbisch-orthodoxen Kirche zusammentreffen. In Djakovo wird der Papst die dortige Kathedrale aufsuchen. Das Gotteshaus wurde von Bischof Josip Juraj Strossmayer (1815-1905) errichtet.
Strossmayer hatte als Bischof von Djakovo und geistiger Vordenker des späteren vereinten Jugoslawien im 19. Jahrhundert versucht, eine Einigung von katholischer und orthodoxer Kirche im gesamten Gebiet der Südslawen über den Weg größerer Selbständigkeit der Teilkirchen zu erreichen. Deswegen trat Strossmayer aus lehrhaften und praktischen Gründen gegen eine Dogmatisierung der päpstlichen Unfehlbarkeit auf dem Ersten Vatikanischen Konzil auf. Er sah in der Dogmatisierung ein Hindernis für eine Kirchenunion. Als letzter österreichischer Bischof nahm er das Dogma erst 1872 an.
Der Bischof betrieb als Verfechter der südslawischen Identität auch die Befreiung Kroatiens von der österreichisch-ungarischen Bevormundung. Nachdem er 1860 Mitglied des verstärkten Reichsrates geworden war, trat er für eine föderative Struktur des Reiches und damit auch für eine weitgehende Autonomie Kroatiens innerhalb der Habsburger-Monarchie ein. Von der «Auslieferung» Kroatiens an die Budapester Herrschaft nach dem «Ausgleich» von 1867 war er tief enttäuscht.
Kathpress
6. juni 2003