Zum zweiten Mal bereist Johannes Paul II. die Slowakei
«Kathpress»-Korrespondentenbericht von Ludwig Ring-Eifel
Preßburg-Vatikanstadt, 28.8.03 (KAP) Zehn Jahre nach der friedlichen Trennung von der Tschechischen Republik besucht Papst Johannes Paul II. zum zweiten Mal die unabhängige Slowakei. Vom 11. bis 14. September will er im Rahmen seiner 102. Pastoralvisite das Land bereisen, das mit seinen gut fünf Millionen Einwohnern zu den mittelgroßen EU-Beitrittsländern zählt. Ebenso wie Polen, Litauen, Slowenien und Malta zählt die Slowakei zu den katholischen «Hochburgen» unter den Beitrittsländern.
Mit seiner zweiten Pastoralreise in das Land gleicht der Papst das bisherige Missverhältnis zwischen seinen Besuchen in Tschechien und in der Slowakei aus: Das wirtschaftlich stärkere Bruderland hat er nach der Trennung schon zwei Mal bereist (1995 und 1997), die weniger erfolgreiche, aber frömmere Slowakei nur einmal (1995). Auch bei seinem Besuch in der damals noch vereinten Tschechoslowakei im Jahr 1990 kam der slowakische Landesteil ein wenig zu kurz.
Der Papst besucht das Land in einer Umbruchsphase. Die schweren Krisen des Postkommunismus mit dramatischen Schließungen unrentabler Fabriken und hoher Arbeitslosigkeit wirken noch immer nach. Weiterhin sind in der Slowakei prozentual doppelt so viele Menschen ohne Job wie im benachbarten Tschechien mit seiner erfolgreichen Auto-, Schuh- und Bierindustrie. Unter den EU-Beitrittsländern liegt die Slowakei zusammen mit Litauen auf den hintersten Rängen. Dennoch hat sich in der Gesellschaft eine zunehmende Verwestlichung mit Konsumorientierung und der Jagd nach dem schnellen Geld breit gemacht.
Aus Sicht des Papstes erfreulich ist hingegen die kirchliche Entwicklung in dem weithin ländlich geprägten Staat. Während Tschechien auch 14 Jahre nach der Wende für die katholische Kirche noch immer ein «steiniger Acker» mit einer atheistischen Bevölkerungsmehrheit ist, hat in der Slowakei das kirchliche Leben im vergangenen Jahrzehnt eine neue Blüte erfahren. Bekannten sich 1991 nur 64 Prozent der Slowaken zum Katholizismus, waren es 2001 mehr als 73 Prozent. Auch die Zahl der Priester ist nach der «Wende» spürbar angewachsen und liegt seit einigen Jahren konstant bei mehr als 2.400.
Zwei Seligsprechungen
Im Mittelpunkt des viertägigen Papstbesuchs steht die Erinnerung an die Schrecken der kommunistischen Kirchenverfolgung zwischen 1948 und 1989. Johannes Paul II. spricht am Abschlusstag seiner Reise in Petrzalka - unmittelbar an der österreichischen Grenze - zwei treue Diener der Kirche selig, die ihre Standfestigkeit im Glauben mit Misshandlungen, jahrelanger Kerkerhaft, Hausarrest und letztlich mit dem Leben bezahlt haben. Die Ordensfrau Zdenka Schelingova (1916-1955) starb an den Misshandlungen, die sie in der stalinistischen Ära erleiden musste. Auch der griechisch-katholische Weihbischof Vasil Hopko (1904-1976) gilt als Glaubenszeuge. Nach der zwangsweisen Auflösung der griechisch-katholischen Kirche wurde er 1950 zu 15 Jahren Haft verurteilt und im Gefängnis gefoltert. Letztlich starb auch er an den Spätfolgen der Haft.
Johannes Paul II. wird die Seligsprechung nutzen, den Slowaken von heute die Glaubenszeugen der Vergangenheit als Vorbilder vor Augen zu stellen. Der Besuch ist für ihn aber auch Gelegenheit, den Slowaken Mut zu machen für die ungewisse Zukunft. Im Land herrscht viel Verunsicherung darüber, welche wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umwälzungen der Eintritt in die EU mit sich bringen wird.
Bei seinen Ausflügen ins Landesinnere, die ihn von der Hauptstadt aus unter anderem nach Trnava (Tyrnau), nach Banska Bystrica (Neusohl) und nach Roznava bringen werden, könnte der Papst außerdem auf ein aktuelles politisches Problem des Landes eingehen: Das slowakische Parlament steht kurz vor einer entscheidenden Abstimmung über eine Liberalisierung des Abtreibungsgesetzes, über das die christlich-liberale Regierungskoalition tief zerstritten ist. Die Bischöfe des Landes erhoffen sich vom Papst ein klares Wort zu der aktuellen Debatte.
Kathpress
28. august 2003