Leiter des Außenamtes des Moskauer Patriarchats kritisiert Forderung der EVP, dem Patriarchat von Konstantinopel besonderen Vertretungsstatus für die Orthodoxie gegenüber der EU einzuräumen
Brüssel, 6.2.04 (KAP) Die russisch-orthodoxe Kirche ist erbittert über die christdemokratische EVP/PPE-Fraktion im Europaparlament. Bei einer Dialogveranstaltung der EVP mit der Orthodoxie vergangenen Oktober in Istanbul sei die Position der russisch-orthodoxen Kirche «völlig ignoriert» worden, heißt es in einem jetzt in Brüssel veröffentlichten Schreiben des Leiters des Außenamtes des Moskauer Patriarchats, Metropolit Kirill von Smolensk, an den stellvertretenden EVP-Fraktionsvorsitzenden Wim van Velzen.
In der Schlusserklärung zu der Veranstaltung in Istanbul hatte die EVP die Forderung erhoben, dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel einen eigenen rechtlichen Status in der EU zu geben. Mit einem solchen Rechtsstatus würde der grenzüberschreitende Charakter der Orthodoxie in den Mitgliedstaaten anerkannt. Derzeit haben unter den Kirchen nur der Heilige Stuhl und der Malteserorden völkerrechtliche Beziehungen zur EU. Das Ökumenische Patriarchat und das Moskauer Patriarchat unterhalten in Brüssel jeweils eigene Verbindungsbüros zur EU, denen allerdings kein Sonderstatus zukommt.
«Nie das Recht auf Vertretung anerkannt»
Das Moskauer Patriarchat wendet sich in dem Schreiben dagegen, das Ökumenische Patriarchat gegenüber anderen orthodoxen Kirchen derart zu bevorzugen. Die russisch-orthodoxe Kirche habe «niemals das Recht des EU-Büros des Ökumenischen Patriarchats anerkannt, andere orthodoxe Kirchen zu vertreten und in ihrem Namen zu sprechen». Das Ökumenische Patriarchat habe diese Position der russisch-orthodoxen Kirche bereits mehrfach missachtet. Zwar werde der Ehrenprimat des Ökumenischen Patriarchats anerkannt, doch sei es notwendig, einen direkten Kontakt zwischen der russisch-orthodoxen Kirche und den EU-Institutionen sicher zu stellen.
Breitseite gegen den Phanar
Metropolit Kirill beklagt, seine Kirche habe keine Gelegenheit gehabt, hinsichtlich der Dialogveranstaltung mit der EVP Änderungswünsche für die Tagesordnung und das Schlussdokument vorzubringen. Man habe zwar vor der Tagung dem Ökumenischen Patriarchat «wesentliche Ergänzungen» zu dem Entwurf für das Schlussdokument übermittelt. Konstantinopel habe aber - «nicht zum ersten Mal» - die Position Moskaus ignoriert und «sich selbst für befugt erklärt, Erklärungen im Namen aller orthodoxen Kirchen abzugeben». Die russische Orthodoxie, die über Diözesen in den EU-Mitglieds- und Kandidatenländern verfüge, «strebt Beziehungen zu den EU-Institutionen ohne Vermittler» an, betont Kirill.
Der Heilige Synod des Moskauer Patriarchats habe bereits 1999 klargestellt, die Beziehung der einzelnen orthodoxen Kirchen zur EU könnten nur in der Weise geregelt werden, dass alle diese Kirchen «gleichgestellt und ihre Hierarchien in die Entscheidungen eingebunden sind».
Metropolit Kirill schlägt der EVP daher eine internationale Dialogkonferenz 2005 in Moskau vor. Thema sollte die «Verwirklichung christlicher Werte in Politik und Wirtschaft in Russland und in der EU» sein. Der Ausbau der Zusammenarbeit auf Europa-Ebene sei «ein wichtiges Ziel der gegenwärtigen Aktivitäten des Moskauer Patriarchats», versichert der Metropolit.
Kathpress
6. februar 2004