Orthodoxe jüdische Kreise nehmen Anstoss daran, dass wegen des Papstbesuchs Tausende von Polizisten und anderen Arbeitnehmern am 24./25. März die Sabbatruhe brechen müssen
Jerusalem, 29.2.00 (KAP) Die bevorstehende Pilgerreise Papst Johannes Pauls II. ins Heilige Land wird in Israel von Diskussionen überschattet. In orthodoxen jüdischen Kreisen wird Anstoss daran genommen, dass Tausende von Polizisten und anderen Arbeitnehmern am Sabbat 24./25. März aus Anlass des Papst-Besuches Dienst tun müssen. Orthodox-religiöse Abgeordnete beschwerten sich über die Bereitschaft von Ministerpräsident Ehud Barak, den Papst am Freitagnachmittag, dem 24. März, am See Genezareth zu begrüßen. Sie befürchten, Barak könne nicht rechtzeitig zum Anbruch der Sabbatruhe zurück nach Jerusalem kommen (der Sabbat dauert von Freitagabend bis Samstagabend). Rafi Peled, Vorsitzender des Planungskomitees für die Papstvisite, erklärte, das Treffen sei deshalb bereits um 15 Minuten vorverlegt worden. In Israel droht eine Regierungskrise, falls ein Regierungschef in der Öffentlichkeit gegen die Sabbatruhe verstößt.
Der Vorsitzende der Knesset-Kommission für innere Angelegenheiten, David Azulai (er gehört der ultra-orthodoxen Shass-Partei an), betonte, Israel wolle den Papst empfangen, "aber nicht um jeden Preis". Der nationalreligiöse Abgeordnete und Rabbiner Haim Druckman meinte, die mangelnde Einhaltung der Sabbatruhe sei ein "Angriff auf die nationale Ehre Israels". Dagegen appellierte der Likud-Abgeordnete Ayoub Kara an die Parlamentarier, von Erklärungen abzusehen, die den Eindruck erwecken könnten, dass der Papst in Israel nicht willkommen ist. Nach Angaben des Abgeordneten Meir Porush (der der Vereinigten Torah-Partei angehört) haben 2.000 Rabbiner und andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens an den Vatikan appelliert, das Besuchsprogramm so abzuändern, dass die Sabbatruhe nicht verletzt wird. Im Hinblick auf die feierliche Papstmesse zum Fest der Verkündigung des Herrn in Nazareth hat der Oberrabbiner von Haifa, Shaar Y. Cohen, den Apostolischen Nuntius, Erzbischof Pietro Sambi, gebeten, den Gottesdienst zu verschieben. Cohen sagte im israelischen Rundfunk, ansonsten müssten Polizisten und Organisatoren den Sabbat missachten. Israelische Gesetze lassen Arbeit am Sabbat nur mit Sondergenehmigung zu. Sambi sagte im Radio dazu, der Vatikan versuche, alle Störungen auf ein Minimum zu reduzieren. Gegenüber einer Rabbiner-Delegation erläuterte Sambi, dass der Papst-Besuch in Israel so geplant worden sei, dass er mit dem wichtigen christlichen Fest der Verkündigung des Herrn zusammenfällt.
Nuntius Sambi hat in einem Interview auch die israelische Kritik an dem jüngsten Grundsatzabkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und der PLO zurückgewiesen. In dem Abkommen war die vatikanische Position in Erinnerung gerufen worden, wonach der Heilige Stuhl für eine Internationalisierung Jerusalems eintritt. Sambi unterstrich, dass die israelischen Behörden den christlichen und muslimischen Palästinensern nicht den jederzeitigen freien Zutritt zur Heiligen Stadt garantieren. Wörtlich sagte der Nuntius: "Weder können alle Muslime jederzeit die Al-Aksa-Moschee besuchen noch haben die palästinensischen Christen jederzeit Zutritt zur Grabeskirche". Sambi verwies darauf, dass es für viele Christen aus Bethlehem, Ramallah, Beit Zahur oder Beit Jala nicht einmal zu den hohen Feiertagen möglich sei, in die Grabeskirche (Anastasis) in Jerusalem zu pilgern. Die Jerusalemer Bischöfe hätten immer wieder daran erinnert, dass die meisten Angehörigen der jungen Generation der Palästinenser noch nie die Möglichkeit gehabt hätten, die Heiligen Stätten der Christenheit in Jerusalem zu besuchen, so Sambi. Jerusalem sei nicht die Stadt des interreligiösen Dialogs zwischen Juden, Christen und Muslimen, die "sie eigentlich sein müsste".
Die israelischen Sicherheitsbehörden gehen inzwischen rigoros gegen papstfeindliche Plakat- und Sprayaktionen ultraorthodoxer religiöser Gruppen vor. Eine geheime Gruppe, die sich "Hauptquartier gegen den Besuch des Papstes im Heiligen Land" nennt, kündigt seit Tagen an, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um den Besuch von Johannes Paul II. zu verhindern oder zu stören. Mit heftigen Worten wird der Papst beschuldigt, durch sein Kommen "unser Heiliges Land zu verseuchen". Für diese jüdischen Extremisten, die von der Polizei verdächtigt werden, Aktivisten der extremistischen "Kach"-Bewegung des verstorbenen Rabbiners Meïr Kahane zu sein, geht es darum, "die Sünde wider Gott" zu verhindern, die ein Papst-Besuch darstelle. Die israelische Polizei sucht Verdächtige, die für Sprayinschriften wie "Der Papst ist ein Übeltäter" oder "Sein Name möge gelöscht werden" verantwortlich sind. Die Extremisten, die auch gegen die Präsenz zahlreicher christlicher Gastarbeiter aus Osteuropa, Lateinamerika, Fernost und Afrika in Israel agitieren, fordern von Israels Oberrabbinern, dass sie von einer Begegnung mit dem Papst Abstand nehmen und "den Namen Gottes nicht entweihen". Der aschkenazische Oberrabbiner Israel Meir Lau hat die papstfeindliche Agitation verurteilt und betont, der Papst als geistliches Oberhaupt von mehr als einer Milliarde Katholiken müsse "mit Respekt" empfangen werden. (ende)
KATHPRESS/Israel/Papstbesuch/Nazareth/
Nazareths Bürgermeister kritisiert Vorbereitungen zu Papstbesuch
Andere Städte erhalten vom Staat Israel deutlich mehr Geld für die Abwicklung der Visite
Jerusalem, 2.3.00 (KAP) Nazareths Bürgermeister Ramez Geraisi hat der israelischen Regierung mit Blick auf den Papstbesuch eine "rassistische Politik" vorgeworfen. Seiner arabischen Stadt seien von der Regierung lediglich umgerechnet rund eine Million Schilling für die Vorbereitung der Visite zugewiesen worden, während jüdische Städte wie Jerusalem und Tiberias Zuschüsse in der Höhe von mehreren Millionen erhalten hätten, sagte Gerais. Wie die israelische Tageszeitung "Maariv" in ihrer Donnerstagausgabe weiter berichtete, traten die Arbeiter der städtischen Müllabfuhr aus Protest gegen die fehlenden Zuwendungen in einen Streik, der vom Bürgermeister unterstützt werde.
Israels Polizeiminister Schlomo Ben Ami äußerte sich im israelischen Rundfunk zuversichtlich, dass die Vorbereitungen zum Papstbesuch rechtzeitig abgeschlossen werden. Auch in Nazareth werde der Papst "optimale Zustände" vorfinden, sagte Ben Ami. Er stehe auch mit den Islamisten im Kontakt, so dass es wegen des Streits um die Moschee, die in unmittelbarer Nähe der Verkündiungsbasilika errichtet werden soll, "keine Zwischenfälle" geben werde.
Junktim mit Vatian-Archiv
Der orthodoxe jüdische Abgeordnete Abraham Hirschsohn forderte unterdessen, staatliche Finanzhilfe für den Papstbesuch von der Bereitschaft des Vatikans abhängig zu machen, seine Archive zur Epoche des Holocaust zu öffnen. Wie "Maariv" weiter berichtete, flogen der verantwortliche Minister Chaim Ramon und der Vorsitzende des Komitees zur Vorbereitung des Papstbesuches, Rafi Peled, am Donnerstag nach Rom, um letzte Einzelheiten mit dem Vatikan abzusprechen. (Schluss) K200001339
KATHPRESS/Israel/Papstbesuch/Sabbah/
Patriarch: Papst bringt Botschaft der Versöhnung für Heiliges Land
Brüssel-Jerusalem, 23.2.00 (KAP) Der in vier Wochen beginnende Papstbesuch im Heiligen Land wird nach Einschätzung des lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Michel Sabbah, eine "Botschaft der Versöhnung für die Völker der Region" bringen. Ob die politisch Verantwortlichen dieser spirituellen Botschaft auch folgen, könne er aber nicht sagen, erklärte Sabbah in einem Interview mit der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA in Brüssel. Papst Johannes Paul II. komme nicht als Politiker oder Vermittler, sondern als Pilger und Mann des Friedens mit einer Botschaft des Friedens.
Für den Fortgang der Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern sei persönlicher Mut der politischen Führer erforderlich. Auf israelischer Seite gebe es besonders bei den religiösen Parteien noch nicht die Bereitschaft, den Preis des Friedens zu bezahlen, nämlich die besetzten Gebiete zurückzugeben. "Es ist eine Frage des persönlichen Mutes von Ministerpräsident Ehud Barak, wie weit er bereit ist, das Risiko des Friedens auf sich zu nehmen", sagte der Patriarch wörtlich.
Mit Blick auf die Spannungen zwischen Israel und dem Libanon sagte Sabbah, der auch Präsident der internationalen katholischen Friedensbewegung "Pax Christi" ist, damit es Frieden gebe, müsse Israel den Südlibanon räumen. Auch die anderen ausländischen Truppen müssten den Libanon verlassen, um dem Land seine völlige Freiheit zurückzugeben.
Israel hält im Süden des Libanons eine rund 850 Quadratkilometer große so genannte Sicherheitszone besetzt; angesichts anhaltender Verluste in den Reihen der israelischen Soldaten drängt die Öffentlichkeit verstärkt auf einen Rückzug. Zudem stehen im Libanon umfangreiche Truppen Syriens, das auch starken politischen Einfluß in dem Land ausübt.
Kathpress