Das Heilige Land war Ziel der ersten und der hundertsten Auslandsreise eines Papstes in moderner Zeit - Die Jerusalem-Pilgerfahrt des Montini-Papstes ermöglichte 1964 den ersten «Kirchengipfel»
Jerusalem, 22.3.00 (KAP) Die derzeitige Heiligland-Pilgerfahrt Johannes Pauls II. ist die hundertste Auslandsreise eines Papstes, seit es solche Reisen wieder gibt. Die erste Auslandsreise eines modernen Papstes (nach einer Pause von 150 Jahren) hatte den Vorvorgänger des Wojtyla-Papstes - Paul VI. - von 4. bis 6. Jänner 1964 ebenfalls ins Heilige Land geführt.
Paul VI. wollte damals - noch vor Beendigung des Zweiten Vatikanischen Konzils - bewußt zur «Wiege des Christentums» zurückkehren. Der Papst besuchte eine Region, in der offiziell noch Kriegszustand herrschte. Und die Visite schaffte durch das ursprünglich gar nicht geplante Gipfeltreffen mit dem damaligen Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Athenagoras I., einen epochalen Durchbruch in den kirchlichen Ost-West-Beziehungen.
Vieles war anders damals, in den Pioniertagen der Papstbesuche, als es noch keine routinierten vatikanischen Reiseplaner gab. Bis zuletzt wurde improvisiert und experimentiert. Das genaue Besuchsprogramm stand erst am Tag vor der Abreise fest. Und welche Dynamik eine Volksbegeisterung um den Papst auslösen kann, erfuhr leidvoll die jordanische Polizei: Bei seiner Ankunft am Damaskus-Tor der Jerusalemer Altstadt brachen Absperrungen und Polizei-Kordons zusammen. Der Papst konnte nur mit Mühe einem Chaos entkommen.
Es war eine Pilgerreise, die Paul VI. überraschend zum Abschluss der zweiten Konzilssession angekündigt hatte. Der Papst besuchte die Heiligen Stätten, feierte in Jerusalem, Nazareth und Bethlehem Gottesdienste. Er fuhr nach Kana und Kapharnaum, Tabgha und auf den Berg Tabor, er traf mit Patriarchen, Priestern, Ordensleuten und schlichten Christen zusammen. Und er besuchte ohne große Eskorte im damals noch jordanisch verwalteten Ost-Jerusalem eine arme arabische Familie.
Jerusalem war zweigeteilt, die Demarkationslinie zwischen der jüdischen Neu- und der arabischen Altstadt galt als eine der heißesten Grenzen der Welt. Paul VI., der in Amman gelandet und von König Hussein mit allen Ehren begrüßt worden war, besuchte beide Seiten, trotz Protesten aus Nassers Ägypten, der gegen eine Anerkennung des verhassten Israel polterte. An einem eigens für ihn geschaffenen Grenzübergang passierte der Papst bei Megiddo die Grenze und wurde in Israel von Präsident Salman Schazar begrüßt. Der Papst habe es «als erster gewagt, auf beiden Seiten der israelisch-arabischen Grenze vom Frieden zu sprechen», lobte «Le Monde».
«Als Pilger des Friedens erflehen Wir Versöhnung des Menschen mit Gott und tiefe Eintracht der Menschen und Völker», sagte er den Israelis. Und beim Abschied aus Jordanien, wo der staatliche Rundfunk auch während des Papstbesuchs antijüdische Attacken fortsetzte, mahnte er mit dem Apostelwort: «Jegliche Bitterkeit, Wut, Zorn, Geschrei und Lästerung samt aller Bosheit bleibe fern von euch.»
Als Friedensmission war die Papstreise wenig erfolgreich - drei Jahre später brach der Sechs-Tage-Krieg aus und schuf eine neue Landkarte der Region. Aber die Rückkehr zu den Quellen des eigenen Glaubens brachte Bewegung in den interreligiösen Kontakt. Es war die erste große Begegnung eines Papstes mit dem Judentum. Anstöße gab es durch die Begegnung mit dem Jerusalemer Groß-Mufti auch mit dem Islam.
Höhepunkt der Reise war jedoch der katholisch-orthodoxe Gipfel. Zum ersten Mal seit dem Schisma von 1054 begrüßten und umarmten sich ein römischer Papst und ein Ökumenischer Patriarch. Die drei Begegnungen Pauls VI. mit Athenagoras I., die damals nur über den Umweg nach Jerusalem möglich schienen, waren äußerst herzlich. «Seit Jahrhunderten lebt die christliche Welt in der Nacht der Trennung. .... Möge diese Begegnung die Morgenröte eines hellen und gesegneten Tages werden, an dem kommende Generationen am gleichen Kelch Christi teilnehmen», betonte der Patriarch bewegt. Und auch Paul VI. sagte später in einer programatischen Predigt in Bethlehem: «Wir sind bereit, jedes denkbare Mittel ins Auge zu fassen, das geeignet ist, die Wege zum Dialog in Achtung und Liebe im Blick auf eine künftige Begegnung mit den von uns noch getrennten christlichen Brüdern zu ebnen». Das Treffen hatte ungeahnte Folgen. Eineinhalb Jahr später nahmen beide Kirchen feierlich den Bann von 1054 zurück, es begann eine neue Ära der Beziehungen. Der Umweg über Jerusalem, die «Mutter aller Kirchen», hatte es möglich gemacht. (ende) 22.03.2000 08:30 K200001642
KATHPRESS/Israel/Papstreise/Ben.Ami/ Ben Ami: Papstforderung nach Heimat für Palästinenser nicht neu Jerusalem, 22.3.00 (KAP) Der israelische Minister für Innere Sicherheit, Shlomo Ben Ami, hat die Forderung von Papst Johannes Paul II. nach einem Heimatland für die Palästinenser ohne Überraschung aufgenommen. In der Erklärung des Papstes gebe es «nichts Neues», sagte Ben Ami am Mittwoch vor Journalisten in Jerusalem. Schon der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter habe den Begriff «Homeland» (Heimatland) gebraucht, um von den Rechten der Palästinenser zu sprechen, so der Minister. «Was für den amerikanischen Präsidenten gut ist, ist auch gut für uns», so Ben Ami. Das vom Papst angesprochene «Leiden der Palästinenser» bezeichnete der Minister als humanitäre Frage.
Kathpress