Mehr als zwei Millionen Jugendliche bei der Gebetswache mit dem Papst auf dem Universitätsgelände von Tor Vergata - «Glaube ist die vernünftige und freie Antwort des Menschen auf das Wort Gottes»
Rom, 19.8.00 (KAP) «Wenn ihr zu Christus 'ja' sagt, dann sagt ihr 'ja' zu jedem eurer höheren Ideale», betonte Papst Johannes Paul II. am Samstagabend vor mehr als zwei Millionen Jugendlichen bei der Gebetswache auf dem Universitätsgelände von Tor Vergata am Stadtrand von Rom. Es sei Jesus, der in den jungen Menschen die Sehnsucht entfacht, aus ihrem Leben etwas Großes zu machen, den Willen, einem Ideal zu folgen, und den Mut, sich selbst und die Gesellschaft besser zu machen, damit sie menschlicher und geschwisterlicher wird, unterstrich Johannes Paul II.
Vor den Jugendlichen, von denen die meisten seit den frühen Morgenstunden bei 38 Grad ausgeharrt hatten, erinnerte der Papst daran, dass im Lauf des 20. Jahrhunderts immer wieder junge Leute in riesigen Massen zusammengerufen worden seien, um das Hassen zu lernen. Die verschiedenen «Heilslehren ohne Gott», die die christliche Hoffnung zu ersetzen versuchten, hätten sich später als Höllen im wahrsten Sinn des Wortes herausgestellt. Wörtlich sagte Johannes Paul II. in diesem Zusammenhang zu den Jugendlichen: «Heute seid ihr hier zusammengekommen, um zu bekräftigen, dass ihr im neuen Jahrhundert nicht bereit sein wollt, euch für Gewalt und Zerstörung instrumentalisieren zu lassen». Aufgabe der Jugendlichen sei es, den Frieden zu verteidigen, gegen Hunger, Analphabetismus und Arbeitslosigkeit anzukämpfen und das Leben zu schützen.
Der Glaube sei die «vernünftige und freie Antwort des Menschen auf das Wort des lebendigen Gottes», unterstrich der Papst. Jeder könne auf die eigenen Glaubensschwierigkeiten stoßen und auch die Versuchung des Unglaubens erfahren. Doch zugleich dürfe er auch erfahren, dass der Glaube schrittweise wächst. Im «Laboratorium des menschlichen Geistes» begegneten stets Gott und Mensch einander.
So wie die Märtyrer Zeugnis für Christus abgelegt hätten, so werde auch den jungen Leuten von heute die Treue zu Christus abverlangt, erinnerte Johannes Paul II. Dabei gehe es um die Treue im alltäglichen Leben, die vielen Belastungen ausgesetzt sei - von den jungen Ehepaaren, die sich um gegenseitige Treue mühen, bis zu den jungen Menschen, die in einer von der Logik des Profits und des persönlichen und Gruppeninteresses beherrschten Welt für Solidarität eintreten.
Evangelium für alle Kontinente
Johannes Paul II. war im Hubschrauber von Castel Gandolfo nach Tor Vergata gekommen, wo er u.a. von Kardinal Camillo Ruini, dem italienischen Innenminister Enzo Bianco und vom Rektor der Universität Rom III, Prof. Alessandro Finazzi Agro, empfangen wurde. Im «Papamobil» fuhr der Papst dann unter dem Jubel der Jugendlichen durch das Gelände.
Als Johannes Paul II. auf dem Altarpodium Platz genommen hatte, wurde von zwei Jugendlichen die berühmte römische Marien-Ikone «Maria Salus Populi Romani» herbeigebracht. Anschließend gedachte der Papst mit den jungen Leuten der römischen Märtyrer, aber auch der Märtyrer aller Zeiten und Zonen, für das 20. Jahrhundert insbesondere auch des Heiligen Maksymilian Kolbe und der Heiligen Edith Stein (Sr. Theresia Benedicta), die beide in Auschwitz ermordet wurden. Vier junge Leute aus verschiedenen Ländern legten Zeugnisse ab: Der Angolaner Domingos sprach über die Versöhnung, die Rumänin Maria Aurora über die Religionsfreiheit, Stefania aus Rom berichtete über die Kampagne gegen die Todesstrafe und der junge Römer Massimiliano über die Schwierigkeit, in der Gesellschaft von heute den Glauben zu leben.
Nach seiner Predigt überreichte der Papst fünf jungen Leuten als Repräsentanten der Kontinente das Markus-Evangelium in verschiedenen Sprachen. Damit wurde ein Ritus wieder aufgenommen, der in der Antike üblich gewesen war, wenn den Taufbewerbern vom Bischof das Evangelium überreicht wurde.
An der musikalischen Gestaltung des Gebetsgottesdienstes waren u.a. die Chöre der Diözese Rom und des rumänisch-orthodoxen Patriarchats, der London Community Gospel Choir, aber auch Chöre aus Afrika und von den Philippinen beteiligt.
Der Zustrom von Jugendlichen nach Tor Vergata hatte bereits in den frühen Morgenstunden begonnen; die erste Gruppe waren rund 1.000 junge Franzosen gewesen, die schon um zwei Uhr früh auf dem Universitätsgelände eintrafen. Den ganzen Tag über wanderten hunderttausende Jugendliche nach Tor Vergata; auch am Abend hörte der Zustrom nicht auf.
Trotz des Besucherrekords kam es zu keinerlei Zwischenfällen. Der Präfekt von Rom sprach von jungen Menschen, die ein Beispiel von Toleranz, Nächstenliebe und zivilisiertem Benehmen gegeben hätten.
Kathpress