"Kathpress"-Gespräch mit Bischof Malcolm Ranjith - Einsatz für den Frieden zur Überwindung des Bürgerkriegs
Wien, 1.3.01 (KAP) Die Kirche in Sri Lanka hat kein Problem mit dem Dokument "Dominus Iesus" der vatikanischen Glaubenskongregation, das sich gegen die pluralistische Theologie wendet. "Für die Christen in Sri Lanka ist Jesus Christus der Erlöser. Sie haben in dieser Hinsicht kein Problem mit den Buddhisten. Denn die erwarten gar nicht, dass wir sagen: 'Auch Buddha ist unser Erlöser'." Das betonte Bischof Malcolm Ranjith von Ratnapura in einem "Kathpress"-Gespräch. Ranjith hatte am Mittwochabend mit Kardinal Christoph Schönborn beim Aschermittwoch-Gottesdienst im Stephansdom konzelebriert.
Hintergrund der Erklärung "Dominus Iesus" war nicht zuletzt die Situation in Asien, namentlich in Indien. Darauf hatte auch der Sekretär der Kongregation für die Evangelisierung der Völker, Erzbischof Marcello Zago, im vatikanischen "Fides-Dienstes" hingewiesen.
Zago erinnerte an Positionen einzelner asiatischer katholischer Theologen, dass "Christus zwar der Erlöser ist, aber nur für uns". Christus sei dieser Denkschule nach "nicht der einzige und absolute Erlöser", sondern nur ein Erlöser unter vielen - der Erlöser der Christen, neben dem es andere Erlöser gebe. Gegen diese Positionen wende sich das vieldiskutierte vatikanische Dokument.
Ranjith betonte, dass diese Diskussionen in der Kirche Sri Lankas - im Unterschied zum benachbarten Indien - so gut wie nicht existierten: "Wir haben wichtigere Probleme, die erst gelöst werden müssen - vor allem den Bürgerkrieg, in dem so viel Blut vergossen wird".
Der seit 18 Jahren herrschende Bürgerkrieg auf Sri Lanka gehört zu den "vergessenen" Konflikten der Welt. In Sri Lanka war 1972 infolge einer singhalesisch-nationalistischen Welle die ursprünglich auf Multikulturalität hin konzipierte Verfassung geändert worden. Singhalesisch wurde Amtssprache und der Buddhismus Staatsreligion. Der Konflikt kommt seither nicht mehr zur Ruhe.
1983 schlossen sich bewaffnete Gruppen zu den "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) zusammen. Sie fordern einen unabhängigen Staat und halten ein geschlossenes Territorium unter militärischer Kontrolle. Die Diözese Mannar ist durch den Krieg zweigeteilt. Zuletzt ist die Regierungsarmee nach einer Serie von Niederlagen in der Offensive gegangen. Die aufständischen Tamilen der LTTE mussten deshalb Teile der Jaffna-Halbinsel im Norden des Landes wieder aufgeben.
Die katholische Kirche Sri Lankas hat die jüngsten Appelle verschiedener Regierungsvertreter und Militärs zu einer gnadenlosen Vernichtung der Tamilen-Tiger scharf kritisiert. In einem Hirtenbrief vor zwei Monaten wurde erneut betont, dass nur Dialog und eine Autonomielösung für das Tamilengebiet den Konflikt lösen könne. Ranjith bezeichnete in dem "Kathpress"-Gespräch nur eine Föderalisierung als mögliche Konfliktlösung. Sicht in zwei verfeindete und unabhängige Teile zerbrechen.
Ranjith hatte in Salzburg an einem von den USA organisierten Friedensdialog teilgenommen. Ceylonesische Medien, die den singhalesischen Nationalisten nahe stehen, hatten den Bischof zuletzt scharf attackiert. Motiv war seine Teilnahme an einer interreligiösen Friedensmission an die Front, wo die Religionsführer vier Stunden mit den Tiger-Führern gesprochen hatten. Die Tiger boten in der Folge einen Waffenstillstand an. In manchen Zeitungen wurde daraufhin geschrieben, die Kirche solle aufhören, sich politisch zu betätigen.
Der Bischof würdigte die Vermittlung der norwegischen Regierung in dem Konflikt. Die Bischöfe unterstützten diese Mission, die auf Dialog und Tamilen-Autonomie zielt. Ranjith wies darauf hin, dass trotz eines bald 20 Jahre dauernden blutigen Konflikts nach wie vor eine Mehrheit der Bevölkerung nichts sehnlicher wünsche als Versöhnung und Frieden.
Ranjith, der in seinem Land auch ein renommierter Bibelwissenschafter und Theologe ist, hatte im vergangenen Jahr Kardinal Christoph Schönborn in Sri Lanka begrüßt. Er erörterte mit ihm Fragen der Inkulturation der Kirche und des Dialogs der Religionen.
In dem "Kathpress"-Gespräch strich der Bischof die ganz Asien betreffende große Bedeutung von Schönborns jüngster Iran-Reise heraus. Sie stehe in einem Kontext einer beginnenden stärkeren Zusammenarbeit von dialogbereiten Muslimen und Christen auf dem Kontinent. Diese betreffe nicht zuletzt Sachfragen wie Familie und Schutz des Lebens. Diese Themen seien auch im Mittelpunkt der jüngsten Beratungen des Zentralkomitees der Asiatischen Bischofskonferenzen (FABC) in Bangkok gestanden.
Friedens-Pilgerfahrt der Madonna
Ranjith reist am Freitag wieder zurück in seine Heimat, wo er eine neue Friedensintiative koordiniert: Es handelt sich um die historische Pilgerfahrt der Madonna von Madhu.
Während der Fastenzeit wird die Statue "Unserer lieben Frau von Madhu" im Süden des Landes auf Pilgerfahrt gehen, um Frieden und Solidarität zu fördern. Die Madonnenstatue befindet sich für gewöhnlich im Marienheiligtum von Madhu, im Norden des Landes, und wird von Gläubigen aller Religionen und Ethnien verehrt. Oft beten sogar Singhalesen und Tamilen, die sich ansonsten bekämpfen, gemeinsam in dem Heiligtum, das somit zu einer Oase des Friedens in einer von Konflikten erschütterten Region geworden ist.
Bei einer Pressekonferenz in Colombo hatte Ranjith vor kurzem erläutert, man wolle mit dieser Pilgerfahrt der Madonna - der ersten dieser Art in der 450-jährigen Geschichte des Marienortes Madhu - wieder Harmonie in das Land bringen. "Heute gibt es mehr denn je eine Krise der moralischen, ethnischen und spirituellen Prinzipien", mahnte er. Der Bischof erwähnte in diesem Zusammenhang auch Verbrechen gegen die Menschenrechte, Korruption, soziale Instabilität und Gewalt, die an der Tagesordnung sind. Begleitend zu der Pilgerfahrt stehen die Themen Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung im Mittelpunkt der kirchlichen Verkündigung.
Kathpress
1. mars 2001